Wie ermitteln Wahlforscher die Wählerwanderung?

Anmerkungen zu erstaunlichen Zahlen und wie sie zustande kommen

  • Moritz Wichmann
  • Lesedauer: 2 Min.

»Bitte erklären Sie, wie sogenannte Parteienforscher wissen können, wer von Partei A zu Partei B wandert. Mir erscheint es nicht erklärbar, wie man vom Wähler der Linken zum AfD-Wähler mutieren kann.« Jürgen Lange, Berlin

Die meistgenutzte Methode für die Ermittlung der Wählerwanderung ist die Analyse von Individualdaten aus Umfragen. Dabei fragen Forscher in sogenannten »Exit Polls« am Wahltag Wähler, welche Partei sie gerade gewählt haben und welche sie bei der letzten Wahl vor vier Jahren wählten.

Aus dem Vergleich der Antworten von in der Regel 1000 repräsentativ Befragten werden dann die Zahlen auf die Gesamtbevölkerung »hochgerechnet«. Infratest Dimap ermittelte so nach der Bundestagswahl etwa, dass 470.000 ehemalige SPD-Wähler und 400.000 Menschen, die 2013 für die LINKE stimmten, nun für die AfD votierten.

Ein Problem bei solchen Umfragen ist der sogenannte »false recall«, also dass sich Menschen - aus verschiedenen psychologischen Gründen - falsch erinnern, wo sie vor vier Jahren ihr Kreuz gemacht haben. Laut einer Studie von YouGov können das bis zu 39 Prozent sein.

Die Wählerwanderungsanalysen haben wie alle Umfragen eine gewisse Ungenauigkeit. Bei der Sonntagsfrage »Wen würden Sie wählen« liegt die bei zwei bis drei Prozent, doch selbst wenn sie im Fall Wählerwanderung bei 30 Prozent liegt, würde das bedeuten, das zwischen 250000 und 550000 LINKE-Wähler dieses Jahr für die AfD stimmten. Warum das so ist, ist eine andere Frage. Als Leser sollte man also diesen Zahlen mit einer gewissen Grundskepsis begegnen, aber falsch sind sie nicht. Das zeigt auch ein Blick auf die regionalen Stimmergebnisse: In vielen ehemaligen Hochburgen der LINKEN im Osten war die AfD recht stark.

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