Die Folgen des Notstandsmodus

Marie Frank fordert normale Wohnungen für Flüchtlinge

  • Marie Frank
  • Lesedauer: 2 Min.

So manchem Wutbürger mag bei dieser Nachricht bereits der Geifer aus dem Mund laufen: »Flüchtlinge werden in Hotels untergebracht! Skandal!« Ja, es ist ein Skandal. Aber nicht etwa, weil die Flüchtlinge in Hotels im Luxus schwelgen. Der eigentliche Skandal ist, dass viele Flüchtlinge nach wie vor auf dem Wohnungsmarkt diskriminiert werden und keine eigene Wohnung finden. Und es ist ein Skandal, dass es überhaupt nicht genügend bezahlbaren Wohnraum gibt.

Dass windige Geschäftsleute in der Außerkraftsetzung von jeglichen Mindeststandards bei der Flüchtlingsunterbringung ihre Chance sehen, Profit aus dieser Not zu schlagen, ist nicht sonderlich überraschend. So funktioniert der Kapitalismus eben. Die Frage ist doch, wieso der Staat diesen Akteuren so hilflos ausgeliefert zu sein scheint und sich derart über den Tisch ziehen lässt. Hier rächt sich einmal mehr die neoliberale Wohnungspolitik der vergangenen Jahre. In dem Glauben, der Markt werde es schon richten, haben die Kommunen ohne Not den sozialen Wohnungsbau aus den Händen gegeben und ihre Wohnungsbestände verkauft. Dadurch fehlen bezahlbare Wohnungen - nicht nur für Flüchtlinge.

Asylsuchende haben es auf dem Wohnungsmarkt jedoch besonders schwer und müssen nehmen, was sie kriegen können. Dabei sind sie ganz normale Menschen, die Bedürfnisse haben wie wir alle: Rückzugsmöglichkeiten, Privatsphäre, nachbarschaftliche Kontakte. In einem Hostel oder in einer billigen Pension ist dies jedoch Mangelware. Sich mit mehreren Menschen ein Zimmer zu teilen, Gemeinschaftsduschen und -toiletten - wer das für Luxus hält neidet wohl auch Obdachlosen ihre Zelte. Doch die sozial Benachteiligten dieser Gesellschaft gegeneinander auszuspielen hilft niemandem. Stattdessen ist es an der Zeit, dass die Politik ihren Notstandsmodus beendet und dafür sorgt, dass Flüchtlinge in regulären Wohnungen unterkommen. Das ist gut für die Integration - und für die städtischen Finanzen. Die Wutbürger könnten dann auch aufhören zu schäumen.

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