Kooperation statt Eiszeit

Nationalparks Bayerischer Wald und Böhmerwald rücken zusammen

  • Ute Wessels, Neuschönau
  • Lesedauer: 3 Min.

Ökologisch gesehen bilden die Nationalparks Bayerischer Wald und Böhmerwald eine große Einheit. Was sie trennt, ist die Staatsgrenze zwischen Deutschland und Tschechien - und das Management. In den vergangenen drei Jahren haben sich die beiden Nationalparks jedoch auch auf organisatorischer Ebene angenähert. Die Leiter der zwei Schutzgebiete, Franz Leibl und Pavel Hubený, arbeiten bei Themen wie Forschung, Tourismus und Umweltpädagogik zusammen. Neuerdings gibt es sogar einen Mitarbeiter, der je zur Hälfte im Bayerischen Wald und im Böhmerwald angestellt ist und die Kooperation betreut.

Der Biologe Pavel Becka sei die Schnittstelle im Management, sagt Leibl. Weil Becka neben Tschechisch auch Deutsch spricht, könne er eine der größten Barrieren überwinden helfen: die Sprachbarriere. Für die Finanzierung gemeinsamer Projekte hätten sie für die Zeit bis 2019 insgesamt sechs Millionen Euro von der EU bewilligt bekommen, sagt Leibl. Davon könnten etwa zweisprachige Broschüren und Hinweisschilder, Schüleraustausche, Forschungsaufträge und eine Besucherbefragung bezahlt werden.

Wichtig sei es auch, die Besucher überhaupt auf den jeweils anderen Nationalpark aufmerksam zu machen. Vielen sei unter Umständen gar nicht bewusst, dass der Schutzraum auf der anderen Seite der Staatsgrenze weitergehe, sagt Leibl. Sie könnten auch von- einander profitieren. So hätten die tschechischen Kollegen beispielsweise mehr Erfahrung im Umgang mit Hochmoorlandschaften. Und Hubený sagt, man habe sich etwa bei der Gestaltung der Besucherzentren von den deutschen Nachbarn inspirieren lassen.

Bis vor dreieinhalb Jahren sei die Beziehung der beiden Nationalparks eher kühl gewesen, erinnert sich Leibl. Beide Geschäftsführungen hätten inhaltlich völlig unterschiedliche Vorstellungen vertreten. Die Vorgänger des jetzigen Böhmerwald-Direktors hätten sich von der Nationalpark-Idee zunehmend verabschiedet. Mit Pavel Hubený aber verbinde ihn nicht nur Landschaft und Natur, sondern auch die Philosophie.

Sie verfolgten ein gemeinsames Ziel, ergänzt Hubený. »Wir wollen die Natur auf einem überwiegenden Teil der Fläche Natur sein lassen. Und es den Menschen ermöglichen, das zu sehen.« Ganz so, wie es die Weltnaturschutzorganisation IUCN in ihren Richtlinien für Nationalparks definiert. Demnach sind Nationalparks »Schutzgebiete für den Erhalt umfangreicher Naturräume mitsamt ihrer typischen Arten- und Ökosystemausstattung«. Sie sollen zudem auf umweltverträgliche Weise für seelische Bedürfnisse, Forschung, Bildung, Erholung und Besichtigung zur Verfügung stehen.

Die beiden Nationalparks bilden Leibl zufolge insgesamt die größte zusammenhängende Waldfläche in Mitteleuropa. Die 1970 gegründete Schutzzone Bayerischer Wald ist etwa 24 000 Hektar groß, der 1991 gegründete Böhmerwald-Park erstreckt sich über etwa 68 000 Hektar. »Die Menschen wünschen sich Natur«, sagt Leibl. Allein in den Bayerischen Wald kämen jährlich rund 1,3 Millionen Menschen. Und er zieht einen stolzen Vergleich: »Schloss Neuschwanstein hat 1,5 Millionen Besucher.« dpa/nd

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