Schwarzwild Gewinner des Klimawandels

Jäger stirbt im Nordosten bei Wildschweinattacke

  • Winfried Wagner, Greifswald
  • Lesedauer: 3 Min.

In Norddeutschland hat es erneut eine Wildschweinattacke auf Menschen gegeben. Diesmal endete sie tödlich. Nach ähnlichen Vorfällen in Lübeck und Heide in Schleswig-Holstein mit fünf Verletzten ist in Vorpommern ein 50 Jahre alter Jäger von einem Keiler angegriffen und getötet worden. »Der Vorfall zeigt, wie wehrhaft Wildschweine sind«, erklärte Achim Froitzheim, Sprecher des Landkreises Vorpommern-Greifswald, der selbst erfahrener Jäger ist. Behörden und Jagdverbände empfehlen deshalb Jägern, »Stichschutzhosen« zu tragen und auch Hunden Schutzwesten anzulegen. »Und man sollte nur zu zweit auf die Nachsuche gehen«, ergänzte Torsten Reinwald, Sprecher des Deutschen Jagdverbandes in Berlin.

»Das Schwarzwild ist der Gewinner des Klimawandels und der Agrar- und Energiepolitik«, sagte Reinwald. Die Wildschweine fänden fast das ganze Jahr über ideale Nahrungssituationen vor. »Sie bedienen sich, wenn der Mais gedrillt wird, gehen dann in den Raps, ins Getreide und dann in die großen Maisschläge.« Buchen und Eichen produzierten immer mehr Früchte, weshalb die Tiere auch im Wald genug Nahrung fänden. Wildschweine gibt es inzwischen auch in Dänemark und Schweden, wo sie früher nicht waren.

Pro Jahr werden 500 000 Wildschweine in Deutschland von Jägern erlegt. Das reiche nicht, um den Bestand entscheidend zu dezimieren. In Nordrhein-Westfalen wurde den Jägern eine Gebühr für die übliche Trichinenschau erlassen. »Der richtige Weg«, so Reinwald. Mecklenburg-Vorpommern hat als einziges Bundesland sogar eine »Pürzel-Prämie« ausgelobt: 25 Euro pro erlegtem Stück Schwarzwild. Mit einem Appell an die Jäger und der Prämie will Schwerins Agrarminister Till Backhaus (SPD) den Bestand deutlich senken, vor allem aus Furcht vor der Afrikanischen Schweinepest, die von Osteuropa immer näher rückt.

Bei dem Unfall nahe Greifswald hatte der Jäger laut Polizei auf den Keiler geschossen und ging hinterher, um das Tier zu erlegen. Da griff der Keiler überraschend den Jäger an und verletzte ihn am Oberschenkel so schwer, dass dieser stürzte, viel Blut verlor und auch noch unter Wasser geriet. Ein Treiber soll schnell zu Hilfe geeilt sein. Aber der Jäger konnte nicht mehr gerettet werden. Nun soll eine Obduktion die Todesursache klären. »Wir erhoffen uns dadurch mehr Klarheit im gesamten Fall«, sagte der Sprecher der Staatsanwaltschaft Stralsund, Martin Cloppenburg, am Dienstag.

Ein ähnlicher Fall hatte sich im März 2016 in Lübeck ereignet. Ein Keiler hatte sich angeschossen in den Schilfgürtel eines Teiches zurückgezogen. Als sich der Stadtjäger näherte, sei dieser mit den Hauern am Oberschenkel verletzt worden. Hund und Jäger konnten das Wildschwein festhalten und die Polizei rufen, die es erschoss.

Für Schlagzeilen hatte im Oktober ein »Ausflug« aggressiver Wildschweine in Heide gesorgt. Sie verletzten auf ihrem Weg durch die Stadt vier Menschen. Die Behörden warnten viele Bewohner, sicherheitshalber in Gebäuden zu bleiben. Schließlich konnte ein Keiler erschossen werden, das andere Wildschwein flüchtete, bevor es ebenfalls getötet wurde. dpa/nd

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