Und schon ist man runter

Kurt Stenger glaubt nicht, dass die Steueroasenliste der EU Folgen hat

Im Mittelalter war der Pranger eine wahrlich furchteinflößende Einrichtung, bei der das Zurschaustellen eng mit Folter, körperlichen Qualen und Lynchjustiz verbunden war. Die Mitmenschen machten nach der öffentlichen Präsentation eine großen Bogen um den Delinquenten. In der zivilisierten Moderne sollen sogenannte Schwarze Listen eine derartige Prangerwirkung entfalten. Auch die EU-Finanzminister greifen zu diesem Mittel, wenn es darum geht, Steueroasen unter Druck zu setzen.

Allerdings wird diese Rechnung nicht aufgehen. In manchen Kreisen dürfte das Interesse wohl steigen, Geldanlagen in den genannten Staaten und Gebieten zwischen der Karibik, Ostasien und der Südsee zu prüfen. Weder werden Finanztransfers dorthin belangt, noch sind irgendwelche Sanktionen geplant, um die Regierungen und Behörden dort von ihrem skandalösen Treiben abzubringen.

Das Hauptproblem der Schwarzen Liste ist aber, dass die Auswahl reichlich willkürlich anmutet und nur die wenigsten Steueroasen sich auf ihr wiederfinden. Es reicht schon, ein bisschen guten Willen zu zeigen oder selbst zur EU zu gehören, und schon ist man runter. Da die meisten Regierungen Steuerdumping nicht verwerflich finden, passt ihnen ein echter Pranger ohnehin nicht in den Kram.

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