USA sind kein Vorbild mehr

Außenminister Gabriel fordert stärkere EU-Politik

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Berlin. Angesichts der Verschiebungen in der US-Politik hat Außenminister Sigmar Gabriel (SPD) die Europäer zu mehr Gestaltungswillen und Verteidigung aufgerufen. »Der derzeitige Rückzug der USA unter Trump aus der Rolle des verlässlichen Garanten des westlich geprägten Multikulturalismus« beschleunige die Veränderung der globalen Ordnung, sagte Gabriel in einer Grundsatzrede am Dienstag in Berlin. Zugleich stellte er fest: »Die EU ist kein echter Faktor in der Welt.«

Im Umfeld der derzeitigen US-Regierung gebe es eine »außerordentlich distanzierte Wahrnehmung Europas«, sagte Gabriel beim Berliner Forum Außenpolitik der Körberstiftung. Bisherige Partner würden »als Wettbewerber und manchmal sogar mindestens ökonomische Gegner« wahrgenommen. Die Welt sei »unbequemer« geworden, analysierte der SPD-Politiker. »Und nun merken wir, dass es selbst bei großer wirtschaftlicher Prosperität in unserem Land keinen bequemen Platz an der Seitenlinie internationaler Politik mehr für uns gibt. Weder für uns Deutsche noch für uns Europäer.«

Auch gegenüber Russland müsse Deutschland seine Interessen »klarer und kohärenter definieren«, forderte Gabriel. So habe Moskau mit der Annexion der Krim und der »Einmischung« in die Ostukraine die internationale Ordnung in Frage gestellt. Dennoch: »Sicherheit und Stabilität gibt es langfristig nur mit und nicht gegen Russland«, zeigte sich der Außenminister überzeugt.

Zu dem Einreiseverbot von Bürgern aus Iran, Jemen, Libyen, Syrien, Somalia und Tschad in die USA, das der Oberste Gerichtshof des Landes nun vorerst in Kraft treten ließ, äußerte sich Gabriel jedoch nicht. Die Maßnahme sollte ursprünglich am 18. Oktober wirksam werden, war aber von Gerichten in Hawaii und Maryland in Teilen blockiert worden. Die Richter argumentierten, dass Menschen aus den betroffenen Ländern mit glaubhaften Beziehungen in die Vereinigten Staaten nicht von einer Einreise abgehalten werden dürften, darunter etwa Großeltern oder Enkel von in den USA lebenden Menschen. Die Gerichte nahmen damit Bezug auf eine andere Entscheidung des Obersten Gerichtshofes zu einer früheren Version von Trumps Einreiseverbot.

Bei den jüngsten Visasperren handelt es sich bereits um die dritte Maßnahme, die Präsident Trump verhängt hatte. Bei den beiden anderen Verboten hatten Gerichte die Pläne des Präsidenten durchkreuzt. Agenturen/nd

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