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Der Sultanfreund von der SPD

Personalie

  • Sebastian Bähr
  • Lesedauer: 2 Min.

In Deutschland scheint es kaum noch etwas Besonderes zu sein, wenn Politiker nach dem Ende ihrer Amtszeit einen hoch bezahlten Aufsichtsratposten übernehmen. Der durchschnittliche zynische Zeitungsleser fragt sich höchstens, welche Gefälligkeiten die Bedingungen für den Karrierewechsel waren. Ungewöhnlicher scheint der Fall, wenn ein Politiker nach seiner Tätigkeit als Volksvertreter zum Berater einer autoritären, ausländischen Regierung wird. Speziell, wenn besagter Politiker jahrelang SPD-Mitglied war.

Mustafa Erkan, geboren im niedersächsischen Neustadt am Rübenberge, wirkte wie ein Vorzeigesozialdemokrat. Der 32-jährige war Stadtschülersprecher, Industriemechaniker und Gewerkschaftssekretär. Bereits als 20-Jähriger trat er in die SPD ein. Erkan wurde nicht nur stellvertretender Bürgermeister, sondern 2013 auch in den niedersächsischen Landtag gewählt. Verantwortlich war er hier für die Handelsbeziehungen mit der Türkei. Bei der vorgezogenen Landtagswahl im Oktober konnte er sich intern jedoch nicht mehr gegen die andere SPD-Kandidatin durchsetzen.

Erkan verkündete daraufhin, in Zukunft als Berater für den türkischen Außenminister und AKP-Politiker Mevlüt Çavuşoğlu arbeiten zu wollen. Er habe seinen »sehr geschätzten Freund« im Sommer in dessen Wahlkreis in Antalya getroffen, hieß es bereits Ende August auf seiner Homepage. Auch in seinem neuen Job wolle er sich mit »vollem Einsatz für die deutsch-türkische Freundschaft einsetzen«.

Außenminister Çavuşoğlu steht treu an der Seite seines Präsidenten Erdogan. Den Traum eines neuosmanischen Reiches scheint auch er zu teilen. »Türken in Schweden mögen schwedische Staatsbürger sein, aber sie bleiben unsere Volksgenossen! Wir beugen uns nur vor Gott, sonst vor niemandem«, erklärte er vor Anhängern in Hamburg im März diesen Jahres. Am Ende der Rede hob er seinen rechten Arm und formte mit der Hand ein Gesicht. Es war der »Wolfsgruß«, das Erkennungszeichen von rechtsradikalen türkischen Nationalisten.

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