King George

Personalie

  • Martin Ling
  • Lesedauer: 2 Min.
Der erste Schuss ging knapp daneben, der zweite war ein Volltreffer: George Weah hat es als erster Ex-Profifußballer in das höchste Staatsamt geschafft. War er 2005 noch in der Stichwahl der liberianischen Präsidentschaftswahlen seiner Konkurrentin Ellen Johnson-Sirleaf unterlegen, tritt er nun deren Nachfolge an. Der 51-Jährige, in einem Slum der Hauptstadt Monrovia groß gewordene Globetrotter und Selfmademan gewann mit 61,5 Prozent der Stimmen die Stichwahl gegen Johnson-Sirleafs Stellvertreter Joseph Boakai, den er mit 38,5 Prozent klar hinter sich ließ. »Sleepy Joe« war für »King George« ein Gegenspieler, der ihm das Wasser nicht reichen konnte. Diese Erfahrung mussten in der Fußballkarriere des 1995 zum bisher einzigen afrikanischen Weltfußballer des Jahres gewählten Weah viele machen.

Liberia, Afrikas älteste Republik, wurde von befreiten US-amerikanischen Sklaven 1847 gegründet. Zu den USA hat auch Weah viel persönliche Bezüge: New York ist die Stadt seines Herzens, dort lernte er seine jamaikanisch-amerikanische Frau Clar kennen, dorthin jettete er einst in seiner Pariser Zeit in den 90ern jeden spielfreien Sonntag, um am Montag zum Trainingsbeginn zurück zu sein. »Danke Gott für die Concorde« gehört zu den geflügelten Slogans von Weah, der die Schule ohne Abschluss verließ. 2005 spielte das noch eine Rolle im Wahlkampf: »Ob du Bücher kennst oder nicht, wir wählen dich«, sangen damals seine Anhänger als Retourkutsche auf die Anfeindungen aus dem gegnerischen Lager, ihm fehle die Bildung für das Präsidentenamt. 2017 fielen diese Argumente nicht mehr; Weah hat das Abitur nachgeholt und 2011 einen Betriebswirtschaftsmaster in Florida draufgepackt.

Wie er zu seinem Vermögen gekommen ist, wissen alle: über hoch dotierte Verträge als Profi. Sein karitatives Engagement schon zu damaligen Zeiten macht ihn der Korruption für viele unverdächtig. Sein schwerstes Spiel hat er vor sich: Nicht weniger erwarten seine Anhänger von ihm, als das bitterarme Land in eine prosperierende Zukunft zu führen.

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