Auch Regierungsanhänger auf den Straßen

Staatsfernsehen: Zehntausende unterstützen politische Führung Irans / Bundesregierung ruft zur Achtung der Meinungsfreiheit auf

  • Lesedauer: 3 Min.

Teheran. In Iran sind nach tagelangen Protesten von Regierungsgegnern am Mittwoch laut Staatsfernsehen landesweit auch zehntausende Menschen zur Unterstützung der Führung in Teheran auf die Straße gegangen. »Führer, wir sind bereit«, skandierten die Menschenmengen, die auf den Fernsehbildern gezeigt wurden. Das Staatsfernsehen zeigte Bilder von Menschenmengen, die sich den Berichten zufolge in den Städten Ahwas, Arak, Ilam, Kermanschah und Gorgan versammelten. Auf Schildern der Demonstranten wurden »Unruhestifter« verurteilt, die Protestteilnehmer riefen Slogans zur Unterstützung des geistliches Oberhauptes des Landes, Ayatollah Chamenei.

Chamenei hatte am Vortag ausländische »Feinde« für die Unruhen im Land verantwortlich gemacht. »Die Feinde haben sich vereint und nutzen all ihre Mittel, ihr Geld, ihre Waffen, Politik und Sicherheitsdienste, um dem islamischen Regime Probleme zu bereiten«, hatte es in seiner Erklärung geheißen. Der »Feind« suche »immer nach einer Gelegenheit«, um die iranische Nation »zu infiltrieren und zu treffen«.

Der Sekretär des Nationalen Sicherheitsrates, Ali Schamchani, sprach von einem »Stellvertreterkrieg gegen das iranische Volk«. »Hashtags und Botschaften über die Situation in Irak kommen aus den USA, Großbritannien und Saudi-Arabien«, sagte er.

Diese Darstellung stößt innerhalb der politischen Führung auf Kritik. Am Montag hatte bereits Präsident Hassan Ruhani gesagt, dass es ein Fehler wäre, die Proteste nur als ausländische Verschwörung einzustufen. »Die Probleme der Menschen sind auch nicht nur wirtschaftlicher Natur, sie fordern auch mehr Freiheiten.«

In Iran hat es nach Berichten in sozialen Medien in der Nacht zum Mittwoch neue Proteste gegeben. Twitter-Konten von Aktivisten zeigten Videos von Märschen, die in den Städten Karadsch, Maschad, Khorramabad, Hamadan und Tabris gefilmt worden sein sollen. Auch in der Hauptstadt Teheran soll es kleinere Versammlungen auf der Dschomhuri-Straße und am Inkilab-Platz gegeben haben.

Die Proteste in Iran haben vor etwa einer Woche angefangen. Sie richten sich vor allem gegen wirtschaftliche Missstände im Land. Bislang wurden 21 Menschen getötet, darunter 16 Demonstranten. Es sind die größten Demonstrationen seit der Protestbewegung gegen die Wiederwahl des damaligen ultrakonservativen Präsidenten Mahmud Ahmadinedschad im Jahr 2009.Landesweit sollen es mehr als 1000 festgenommen worden sein. Die Behörden haben offensichtlich Demonstranten auch wieder freigelassen.

Die USA bekräftigten unterdessen ihre Unterstützung für die Demonstranten. »Die Menschen in Iran handeln endlich gegen das brutale und korrupte iranische Regime«, twitterte US-Präsident Donald Trump. Die UN-Botschafterin Washingtons, Nikki Haley, forderte eine »Dringlichkeitssitzung« des UN-Sicherheitsrates und des UN-Menschenrechtsrates. Die Bundesregierung hat indes die Regierung in Teheran zur Achtung der Versammlungs- und Meinungsfreiheit aufgefordert. Agenturen/nd

Abonniere das »nd«
Linkssein ist kompliziert.
Wir behalten den Überblick!

Mit unserem Digital-Aktionsabo kannst Du alle Ausgaben von »nd« digital (nd.App oder nd.Epaper) für wenig Geld zu Hause oder unterwegs lesen.
Jetzt abonnieren!

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal