AfD-Chef verhindert Parteitag

Niedersachsens Landesvorsitzender Armin-Paul Hampel zögert seine bevorstehende Abwahl hinaus und schafft Chaos

  • Reimar Paul
  • Lesedauer: 3 Min.

Niedersachsens AfD-Landeschef Armin-Paul Hampel hat einen für das vergangene Wochenende angesetzten Sonderparteitag kurzfristig abgesagt. Zunächst hatte es zu dem Termin von zwei rivalisierenden Fraktionen im Landesvorstand Einladungen an zwei verschiedene Orte gegeben. Nach einer ersten Absage durch Hampel erfolgte die Wiedereinberufung des Parteitags - und kurz vor dem Wochenende die erneute Absage.

Hampel begründete dies in einer E-Mail an Delegierte und Vorstandskollegen damit, dass mehrere Anfechtungen vor dem Landesschiedsgericht liefen. Die Rechtslage sei damit zu unsicher. Mehrere AfD-Kreisverbände hatten den Sonderparteitag gefordert und im November auch durchgesetzt. Sie wollen erreichen, dass Hampel abgewählt wird. Die Kritiker werfen ihm unter anderem einen autoritären Führungsstil und verletzende persönliche Angriffe auf parteiinterne Gegner vor. Und machen ihn nicht zuletzt für das schlechte Abschneiden bei der Landtagswahl im Oktober verantwortlich. Die AfD hatte dabei nur 6,2 Prozent der Stimmen bekommen.

Der frühere Fernsehjournalist Hampel hatte bis zuletzt versucht, den Sonderparteitag zu sabotieren. Während seine Stellvertreter und Widersacher Jörn König und Wilhelm von Gottberg zum Parteitag nach Hannover riefen, lud Hampel für dasselbe Datum nach Gieboldehausen im Kreis Göttingen. Diese Einladung zog er selbst wieder zurück, um die Mitglieder doch zu einem »Eilparteitag« nach Hannover zu bitten.

Das von ihm selbst veranstaltete Chaos um die Einladungen nannte Hampel nun als Grund für die neuerliche Absage. Seinen Angaben zufolge hat das AfD-Landesschiedsgericht die von König versandte Einladung aus formalen Gründen nicht als rechtsgültig anerkannt. Auch gegen die von Hampel versandte Einladung zum »Eilparteitag« lägen beim Landesschiedsgericht vier Anfechtungen vor.

»Es besteht das konkrete Risiko, dass das Landesschiedsgericht gezwungen sein könnte, die Ergebnisse eines Landesparteitages am 13./14. Januar 2018 für null und nichtig zu erklären«, zitierte der NDR aus Hampels Mail. »Hinzu kommt die Gefahr von Regressforderungen, weil Mitglieder unnötige Übernachtungskosten in Hannover zu tragen hätten und hierfür die Verantwortlichen des Landesvorstandes in Regress nehmen könnten.« Es sei »weder in unserem noch im Interesse der Gruppe König, wenn Entscheidungen rechtlich anfechtbar sind oder sein könnten.«

Ganz verhindern kann Hampel den Parteitag und seine dort drohende Abwahl allerdings nicht. Der Landesvorstand wollte am Wochenende darüber beraten, wann die Veranstaltung nachgeholt wird. Als Gegenkandidatin hat sich neben Vize König auch die Fraktionsvorsitzende Dana Guth aus Göttingen in Stellung gebracht. Für Guth wäre es schon der zweite Anlauf an die Landesspitze. Im vergangenen Jahr unterlag sie Hampel knapp in einer Kampfabstimmung. Im Landtagswahlkampf hatte Hampel seine Rivalin öffentlich diskreditiert - Guth sei »nicht unsere Wunschkandidatin«.

Trotz der endgültigen Absage versammelten sich am Samstagmorgen mehrere Dutzend AfD-Mitglieder vor dem Bürgerhaus in Hannover-Misburg, wo der Parteitag hätte stattfinden sollte - unter ihnen auch König und Guth. Das Gebäude war in der Nacht zuvor mit Parolen gegen Rechts besprüht worden, mehrere Scheiben wurden eingeschlagen.

Welches Ausmaß die Intrigen im Landesverband haben, verdeutlicht auch eine anonyme - nach nd-Informationen aus dem Kreis seiner Widersacher stammende - Anzeige gegen Hampel wegen Betrugsverdachts. Der 60-Jährige wird beschuldigt, Parteivermögen für eigene Zwecke missbraucht zu haben. Flankiert wurde der Vorstoß von der »Welt am Sonntag«. Das Blatt berichtete, Hampel habe mehrmals Beträge in Höhe von mehreren Tausend Euro vom AfD-Landesverband erhalten. Angeblich wollte Hampel damit Kamera- und TV-Equipment erwerben, entsprechende Belege habe er aber nicht oder nur unvollständig vorgelegt.

Knapp eine Woche vor der Landtagswahl hatte die Polizei dann auf Grundlage besagter Anzeige Hampels Haus bei Uelzen sowie Räume in der AfD-Landesgeschäftsstelle der Rechtspartei in Lüneburg durchsucht. Fündig wurden die Fahnder offenbar nicht. Zum Zeitpunkt der Razzia war Hampel noch nicht durch Immunität geschützt. Der Bundestag, in den der Rechtspolitiker über die AfD-Landesliste gewählt ist, hatte sich noch nicht konstituiert.

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