Wohin mit der plagiierten Dissertation?

Kritik am Umgang der Unis mit Doktorarbeiten

  • Lesedauer: 2 Min.

Düsseldorf. Rund fünf Jahre nach dem Rücktritt der früheren Bundesbildungsministerin Annette Schavan (CDU) wegen einer abgekupferten Doktorarbeit werfen Plagiatsjäger den Universitäten Untätigkeit vor. »An vielen Hochschulen hat sich seit den Vorfällen um die prominenten Politiker kaum etwas geändert«, kritisiert Debora Weber-Wulff von der Webseite VroniPlag Wiki. Die Betreiber der Webseite untersuchen wissenschaftliche Arbeiten auf Plagiate. Mehrere bekannte Politiker hatten in den vergangenen Jahren wegen wissenschaftlichen Fehlverhaltens in ihrer Hochschulzeit den Hut nehmen müssen.

Nach wie vor gebe es keine Statistik, wie viele Doktortitel pro Jahr wegen Plagiaten aberkannt würden, kritisierte Weber-Wulff, die als Professorin an der Hochschule für Technik und Wirtschaft (HTW) in Berlin lehrt. Das bestätigt Matthias Jaroch vom Deutschen Hochschulverband. Die Übersichtsseite bei VroniPlag Wiki dokumentiert mittlerweile 193 Fälle. »Das ist aber nur eine Stichprobe, keine repräsentative Erhebung«, so Weber-Wulff. Sie stellt zudem bei den Doktoranden eine große Verunsicherung fest. »Viele haben große Angst, aus Versehen zu plagiieren«, sagt sie.

Der Sprecher des von der Deutschen Forschungsgemeinschaft eingesetzten Gremiums »Ombudsman für die Wissenschaft«, Stephan Rixen, widersprach der Kritik. Er erkennt an den Hochschulen ein Umdenken. »Doktorarbeiten werden viel intensiver als früher auf Plagiate geprüft«, sagt Rixen. Auch werde mehr für die Vorbeugung getan. Angebote zur Vermittlung guter wissenschaftlicher Praxis gebe es mittlerweile für alle Doktoranden.

Nicht einheitlich geregelt ist bisher auch, was nach dem Entzug eines Doktortitels mit den in den Bibliotheken stehenden Dissertationen passiert. »Manche nehmen die Publikation ganz aus der Bibliothek, andere machen gar nichts, Dritte schreiben vorne in die Arbeit, dass sie in Teilen ein Plagiat ist«, sagt Weber-Wulff. Hier seien aber Änderungen in Sicht, erklärt Stephan Rixen. Im Laufe des ersten Quartals 2018 will das Ombuds-Gremium zusammen mit dem Deutschen Bibliotheksverband neue Empfehlungen herausgeben, wie damit verfahren wird.

2016 haben laut dem Bundesamt für Statistik bundesweit nach den aktuellsten Zahlen 29 303 Menschen eine Promotion erfolgreich abgeschlossen. 2015 waren es 29 218. dpa/nd

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