Straßenbau wird Thema im Wahlkampf

Hessens LINKE legt Gesetz zur Anlieger-Entlastung vor

  • Hans-Gerd Öfinger, Wiesbaden
  • Lesedauer: 3 Min.

Knapp neun Monate vor der Landtagswahl in Hessen am 28. Oktober rückt ein heißes Eisen in den Fokus von Bürgerinitiativen und Wahlkämpfern: die kommunalen Straßenbeiträge für Anlieger. So wurde Hessens Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU) dieser Tage bei einem Neujahrsempfang seiner Partei in Linden bei Gießen ganz direkt mit dem Thema konfrontiert, das offenbar etlichen Eigenheimbesitzern in dem 13 000-Einwohner-Städtchen unter den Nägeln brennt. »Straßen saniert, Bürger ruiniert«, skandierten Demonstranten, als sich Bouffier dem Veranstaltungsgebäude näherte. Eine ältere Frau habe dem nachdenklich wirkenden Regierungschef geschildert, dass die Stadtverwaltung ihr als Anliegerin eine Sanierungs-Rechnung in Höhe von 60 000 Euro zugestellt habe, hieß es.

Linden ist kein Einzelfall. So werden jetzt landesweit die Stimmen von Grundstückseigentümern laut, die mit ähnlichen finanziellen Forderungen der örtlichen Kommunalverwaltungen konfrontiert werden und die sich finanziell überlastet sehen. In vielen Orten hat der Unmut über kommunale Straßenbeitragssatzungen zur Gründung von Bürgerinitiativen geführt. Denn längst nicht jeder hessische Immobilieneigentümer gehört zu jenen Bevölkerungsschichten, die fünfstellige Beträge locker aus der Portokasse bestreiten können.

So verfügen in Hessen mit seinen sechs Millionen Einwohnern knapp 47 Prozent aller Haushalte über eigene vier Wände. Das sind deutlich mehr als in den 1980er Jahren, als der Anteil nur knapp über 40 Prozent lag. Doch wer den Rat von Politikern, Bausparkassen und Banken befolgt und durch Sparen eine Immobilie zur Altersabsicherung gebaut oder erworben hat, muss jetzt unter Umständen mit ansehen, wie seine finanziellen Pläne infolge unerwartet hoher Straßenbeiträge kräftig durcheinandergewirbelt werden.

Die hessenweite Einführung der Straßenbeiträge im Jahre 2013 und daraus resultierende kommunale Satzungen hätten zu teils erheblichen Zahlungen betroffener Anlieger geführt, heißt es in der Begründung eines Gesetzesantrags der Linksfraktion im Wiesbadener Landtag zur grundlegenden Änderung der bisherigen Praxis. Das Landesparlament debattierte am Dienstagabend in erster Lesung zum Thema.

Viele kommunale Entscheidungsträger, stellt die LINKE fest, seien unter dem Druck, ausgeglichene Haushalte zu schaffen, von den Kommunalaufsichten zum Erlass solcher Satzungen gezwungen worden. Oftmals würden Bürger, die bereits über Erschließungskosten hohe Beiträge für den Straßenbau geleistet hätten, jetzt zusätzlich auch noch für die grundlegende Sanierung der Straße herangezogen. Es sei »ein Unding, dass die Kommunalaufsicht den Kommunen, die ihre Bürger nicht zusätzlich belasten wollen, mit Zwangsmaßnahmen und Nichtgenehmigung ihres Haushalts droht«, so der Abgeordnete Hermann Schaus. Die LINKE fordert eine ersatzlose Streichung gesetzlicher Soll-Vorschriften zur Erhebung von Straßenbeiträgen. Das Land müsse die Kommunen entlasten und die Beiträge komplett übernehmen.

Auch die oppositionelle SPD spricht sich gegen eine »Zwangserhebung« aus. Angesichts hoher Steuereinnahmen sei eine Kostenübernahme durch das Land von etwa 150 bis 200 Millionen Euro »vertretbar«, so der Abgeordnete Günter Rudolph. So weit geht die ebenfalls oppositionelle FDP nicht. Sie will die Soll-Bestimmungen für die Kommunen aber zu Kann-Kestimmungen umwandeln.

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