Das liebenswerte Cottbus

Stadt bekennt wieder Farbe - zum Jahrestag des Bombenangriffs von 1945

SPD, CDU, LINKE, Grüne und FDP laden »alle Bürgerinnen und Bürger aus Cottbus, aber auch ganz Brandenburg, ein, gemeinsam mit uns am Donnerstag, den 15. Februar, für eine liebens- und lebenswerte Stadt einzustehen!« Es gelte, ein Zeichen für die Weltoffenheit und das friedliche Miteinander zu setzen, »das wir in den letzten Jahren erfolgreich in Cottbus gelebt haben«, heißt es in einer am Montag verbreiteten Presseerklärung der fünf Parteien.

Treffpunkte sollen um 17 Uhr die Technische Universität, das Staatstheater, die Lutherkirche und der Jaques-Duclos-Platz sein. Von dort geht es in einem Sternmarsch zur Oberkirche, wo die Abschlusskundgebung stattfinden soll. Hintergrund ist ein US-amerikanischer Bombenangriff am 15. Februar 1945. Damals hatten 1000 Einwohner ihr Leben verloren und 13 000 das Dach über dem Kopf. Die NPD hatte das historische Ereignis mehrere Jahre lang zum Anlass für Aufmärsche genommen. In der Regel trafen sich dazu 50 oder auch mal 100 Neonazis, die es beispielsweise im Jahr 2013 mit 2500 Gegendemonstranten zu tun bekamen. Acht Blockaden verlegten der NPD damals den Weg. Nun meldete die NPD zum Jahrestag des Bombenangriffs gar keinen Aufmarsch mehr an. Es bleibt aber auf der anderen Seite vorsorglich bei den Aktionen unter dem Motto »Cottbus bekennt Farbe«, damit die NPD nicht auf den Gedanken kommt, sie könnte es wieder probieren.

Brisant und wichtig ist der Termin inzwischen aus anderen Gründen: Flüchtlinge sind zum Jahreswechsel bis in ihr Asylheim hinein verfolgt und geschlagen worden. Ein jugendlicher Syrer hat, als ihm eine Frau am Einkaufszentrum Blechen-Carré nicht den Vortritt ließ, den Ehemann der Frau attackiert und dabei ein Messer gezogen. Es gab außerdem weitere gewalttätige Auseinandersetzungen zwischen Deutschen und Syrern.

Der asylfeindliche Verein »Zukunft Heimat«, der schon 2017 häufig in Cottbus demonstrierte, konnte am 3. Februar rund 3000 Anhänger mobilisieren, während am selben Tage Flüchtlinge und ihre Unterstützer nur 1500 Menschen auf die Straße brachten. Das sind ganz neue, bedenkliche Kräfteverhältnisse.

In ihrer Aufforderung, sich an dem Sternmarsch am 15. Februar zu beteiligen, schreiben SPD, CDU, LINKE, Grüne und FDP, es sei wichtig, »dass wir uns für den Zusammenhalt unserer Gesellschaft und gegen Gewalt, Demokratiefeindlichkeit sowie Rassismus einsetzen«. Weiter heißt es: »Wir stellen uns entschieden gegen den Missbrauch der mahnenden Erinnerung an die Verbrechen des Nationalsozialismus durch diejenigen mit menschenfeindlichen Parolen und einfachen Antworten ... jegliche Diskriminierung lehnen wir ab.« Im offiziellen Aufruf »Cottbus bekennt Farbe 2018« wird es so formuliert: Der Jahrestag der Bombardierung biete »Anlass zum Gedenken an die Schrecken von Krieg, Gewalt, Zerstörung, aber auch an die Ursachen davon«. Größenwahn, Rassismus und Antisemitismus haben »unermessliches Leid über die Menschen gebracht«. Deshalb sei der 15. Februar »Anlass zur Rückbesinnung auf die Menschenwürde und auf die Werte, auf denen unser friedliches und soziales Zusammenleben beruht«.

Unterzeichnet haben unter anderem Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD), Oberbürgermeister Holger Kelch (CDU), der Verwaltungsratvorsitzende des Fußballclubs Energie Cottbus, der Präsident der Technischen Universität, der Intendant des Staatstheaters, der Chef des Karl-Thiem-Klinikums und die Direktorin des Landesmuseums für moderne Kunst. Die komplette Landtagsfraktion der Linkspartei möchte an dem Sternmarsch teilnehmen.

cottbuser-aufbruch.de

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