Mit Stocherglück ins Viertelfinale

Im Eishockeyturnier gewinnt die deutsche Mannschaft erneut in der Verlängerung. Nach dem Sieg gegen die Schweiz wird nun der Weltmeister herausgefordert

Dass dieses Eishockeyspiel hart umkämpft sein wird - im schmerzhaften Sinn des Wortes - wurde Christian Ehrhoff schon nach neun Sekunden bewusst. Dabei konnte der 90 Kilogramm schwere deutsche Verteidiger froh sein, dass er überhaupt bei Bewusstsein blieb. Ein harter Check des Schweizers Cody Almond an den Kopf streckte den 35-jährigen Routinier erst einmal nieder. Almond wurde sofort von diesem olympischen Achtelfinale ausgeschlossen, und die deutsche Mannschaft durfte fünf Minuten in Überzahl spielen. Ehrhoff ging erst mal in die Kabine, um abzuklären, ob er nicht mit einer Gehirnerschütterung ausfallen würde.

Die Deutschen ließen sich davon zunächst nicht schocken, nutzten die Überzahl und gingen durch Leonhard Pföderls flachen Schlagschuss durch die Beine des Schweizer Torhüters in der zweiten Minute in Führung. Danach aber fiel ihr zumindest offensiv nicht mehr viel ein. Kurz nach Beginn des zweiten Drittels glich die Schweiz durch Simon Mosers Stochertor aus.

Dann aber kam Ehrhoff zurück. «Das war sehr wichtig für uns», sagte sein Kölner Teamkollege Felix Schütz später. «Ich weiß, dass er nie aufgibt. Und ich war mir sicher, dass er noch mal zurückkommt, wenn es irgendwie geht. Es hätte schließlich sein letztes Olympiaspiel sein können, und das wollte er sicher nicht nach neun Sekunden enden lassen.» Dass es nicht Ehrhoffs olympische Abschiedsvorstellung wurde, war Yannic Seidenberg zu verdanken. Der Münchner erzielte nach 26 Sekunden in der Verlängerung das entscheidende 2:1. Auch dies ein Stochertor - manchmal hast du Pech, manchmal hast du Glück. «Die Mannschaften sind alle auf einem ähnlichen Niveau. Da fallen wenige Tore», sagte Torhüter Danny aus den Birken. «Alle Teams konzentrieren sich also auf die Abwehr, weil sie wissen, dass jeder kleine Fehler entscheidend sein kann.»

Und so störte es am Ende auch niemanden im deutschen Kader, dass die Mannschaft offensiv mal wieder meist harmlos blieb. In vier Spielen erzielten sie bislang nur vier Tore in der regulären Spielzeit. Nach Niederlagen gegen Finnland und Schweden war der erste Turniersieg gegen Norwegen sogar erst im Penaltyschießen errungen worden.

In einem olympischen Viertelfinale stand die deutsche Eishockeymannschaft letztmals 2002 in Salt Lake City. Der einzige «Überlebende» aus dem damaligen Team ist Christian Ehrhoff. Sein damaliger Mitspieler Marco Sturm ist heute Bundestrainer. In Utah verloren sie damals gegen Gastgeber USA klar mit 0:5.

An diesem Mittwoch trifft die Auswahl des Deutschen Eishockey-Bundes auf Schweden, und dabei sinnt sie auf Wiedergutmachung. «Wir wissen natürlich alle, dass Schweden immer stark ist, aber vor ein paar Tagen haben wir nur 0:1 verloren und dabei vier Mal den Pfosten getroffen», erinnerte Schütz an das knappe Vorrundenduell. Ein paar Schweden haben mir danach gesagt, dass auch wir dieses Spiel hätten gewinnen können. Die respektieren uns jetzt.«

Auch Torhüter aus den Birken wird nicht Bange vor dem kommenden Gegner: »Es Zeit für die Revanche, auch wenn es sicherlich nicht einfach werden wird. Ich hoffe jedenfalls, dass unsere Reise morgen noch nicht zu Ende geht.« Für einen Sieg müsse sich das Team trotz der guten Defensivleistung gegen die Schweiz aber noch einmal steigern. Die Schweden hatten sich dank des Gruppensiegs direkt fürs Viertelfinale qualifiziert und können nun ausgeruht ins Duell mit den Deutschen gehen.

Die ersten Leckerbissen für Eishockeyfans werden die Viertelfinalspiele zwischen Kanada und Finnland sowie zwischen Tschechien und den USA. Im letzten Spiel trifft Russland auf die Slowenen. Letztere müssen dabei auf Angreifer Žiga Jeglič verzichten, der bei einer Kontrolle positiv auf Fenoterol getestet worden ist. Es ist der dritte Dopingfall dieser Winterspiele von Pyeongchang. Der Slowene, der einen Tag nach der Kontrolle sogar das Siegtor gegen die Slowakei erzielt hatte, verzichtete auf die Öffnung der B-Probe und gab an, das Mittel von seinem Arzt gegen Asthma verschrieben bekommen zu haben. »Leider habe ich vergessen, mir die Ausnahmegenehmigung dafür zu besorgen«, sagte er.

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