Erneut ein schmutziger Deal?

Sebastian Bähr über die Festnahme des nordsyrischen Politikers Salih Muslim

  • Sebastian Bähr
  • Lesedauer: 1 Min.
Die internationale Polizeiorganisation Interpol scheint sich zu einem persönlichen Verfolgungsinstrument des türkischen Autokraten Erdoğan zu entwickeln. Obwohl in den Statuten klar festgelegt wurde, dass eine Verfolgung von Regimegegnern untersagt ist, traf die als »Rote Notiz« bezeichnete Suchaufforderung bereits 2017 in Spanien den Kölner Autor Doğan Akhanlı und den schwedischen Schriftsteller Hamza Yalçın, in der Ukraine den Kölner Kommunisten Kemal K.

Ist dieser Missbrauch schon verwerflich genug, so nahmen auf Geheiß von Ankara nun tschechische Polizisten den einflussreichen nordsyrischen PYD-Politiker Salih Muslim fest. Die rechtliche Basis ist lachhaft. Nachdem im vergangenen Jahr selbst Bundeskanzlerin Merkel die türkische Interpol-Nutzung kritisiert hatte, folgt trotzdem wieder eine Zitterpartie.

Die Festnahme Muslims könnte jedoch auch einen anderen Hintergrund haben. Zwei tschechische Staatsbürger sitzen wegen vermeintlicher Unterstützung der syrisch-kurdischen Miliz YPG im türkischen Gefängnis, Prag will ihre Freiheit. Im schlechtesten Fall könnte sich hier ein neuer schmutziger Deal anbahnen.

Zwei Geiseln gegen einen Regimegegner? Leider nicht abwegig. Der französische Journalist Loup Bureau und der deutsche Journalist Deniz Yücel wurden vermutlich gegen Waffenlieferungen freigekauft. Erdoğan weiß jetzt: EU-Staaten sind bereit zu verhandeln.

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