Frühlingsfreundliche Melodien

Neues vom Indietronic

  • Michael Saager
  • Lesedauer: 2 Min.

Schlagzeugunterricht in Hinterbrühl, dann Drummer in verschiedenen Gitarrenbands, schließlich, unter dem »Künstlernamen« B. Fleischmann, elektronischer Solist. Keine ganz untypische Karriere für Musiker aus dem Elektronica- und Clubkontext, die der 1975 in Wien geborene Bernhard Fleischmann da absolviert hat. Wobei der Begriff »Karriere« etwas übertrieben erscheint.

Die letzten zehn Jahre war’s nämlich beinahe mucksmäuschenstill um B. Fleischmann. Zumindest kam es einem so vor. Das hat natürlich mit der Akzeptanz des Genres zu tun, das man mit ihm verbindet: B. Fleischmann ist, gemeinsam mit Lali Puna, Solvent, Múm, Herrmann und Kleine oder Tarwater, ein Indietronic-Protagonist früher Stunde. (Für die Nachgeborenen in aller Kürze: Im Indietronic verschmolzen in meist anmutig-melancholischer Form (Ambient-)Electronica, (Post-)Rock und Indiepop.)

Das Indietronic-Label schlechthin war das 1999 von Thomas Morr gegründete Berliner Label Morr Music. Wahnsinnig hoch waren die Auflagen nie, inzwischen sind sie freilich miniklein. Die jungen Leute hören andere Sachen. Auch B. Fleischmann hört inzwischen anscheinend lieber anderes.

Das nachdenklich auf der Stelle schwebende Piano und die schweren (elektronischen) Beats, kurz, das melancholisch Erhabene, das seine früheren Arbeiten auszeichnete, ist auf dem neuen Album »Stop Making Fans« deutlich zurückgenommen. Das Album mit illustren Gästen wie Gloria Amesbauer (Gesang), Markus Schneider (Gitarre) und Valentin Duit (Schlagzeug) ist insgesamt eine überraschend temperamentvolle Angelegenheit aus fast schon zu gut gelaunt durch die Gegend sausenden und flirrenden Soundschnipseln, frühlingsfreundlichen bis kuscheltierniedlichen Melodien und bisweilen rastlosen Beats mit ADHS-Symptomatik. Purzelbäume ließen sich trefflich zu den Stücken »You’re the Spring«, »Wakey Wakey« und »Stop Making Fans« schlagen. Oder die Wände mit quietschbunter Fingerfarbe bemalen, sofern man auf sportliche Herausforderungen und Sauereien steht.

Okay, es gibt schon auch noch ein paar zurückgenommene Momente zum Luftholen und Innehalten. Außerhalb allzu enger Schubladen auf höchstem Niveau gespielt ist das alles sowieso. Es gibt sehr schönen, weich geformten Gesang und - für Menschen, die andere nicht so gern singen hören - auch gleich ein zweites Album mit Instrumentalversionen.

Im Infozettel steht: »Das Album ist als zweiteilige Reflexion angelegt, die dem Gegensatzpaar künstlerische Eigenständigkeit vs. ruhmgeiler Konformismus nachforscht.« Klingt gut, und jetzt, wo man es weiß, hört man es vielleicht sogar. Oder auch nicht.

B. Fleischmann: »Stop Making Fans« (Morr Music/Indigo)

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