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London dreht am Eskalationsrad

Nach mysteriösem Giftanschlag weist britische Premierministerin Theresa May Moskauer Diplomaten aus

  • René Heilig
  • Lesedauer: 2 Min.

Der UN-Sicherheitsrat ist am Mittwochabend auf britischen Antrag zusammengetreten, um sich über den mutmaßlichen Giftanschlag auf den früheren russischen Doppelagenten Sergej Skripal und seine Tochter zu informieren. Beide waren am 4. März in der südenglischen Stadt Salisbury bewusstlos aufgefunden worden. Sie kämpfen seitdem in einer Klinik um ihr Leben.

Bereits unmittelbar nach dem Attentat hatte London behauptet, Russland stecke »sehr wahrscheinlich« hinter der Tat. Seither entwickelte der Fall eine gefährliche Dynamik. In britischen Medien werden verschiedenste Sanktionen gegen Russland erörtert. Zunächst jedoch, so erklärte Premierministerin Theresa May am Mittwoch im Londoner Parlament, wird Großbritannien 23 russische Diplomaten ausweisen. Zudem werden alle bilateralen Kontakte ausgesetzt. May kündigte an, alle staatlichen russischen Vermögen im Land einzufrieren, wenn es Beweise dafür gebe, dass diese dazu eingesetzt würden, Leben und Eigentum von Bürgern in Großbritannien zu bedrohen.

Die russische Botschaft in London nannte Mays Ankündigungen am Mittwoch »beispiellos« und eine »ungeheuerliche Provokation«. Die Regierung in Moskau hatte am Dienstagabend ein Ultimatum Mays verstreichen lassen. Darin hätte sich der Kreml, so die Forderung, inhaltlich zur Attacke gegen den 66-jährigen ehemaligen russischen Militäraufklärer und britischen MI6-Spion Skripal und seine 33-jährige Tochter erklären sollen.

Zu normalen Geschäftszeiten am Mittwoch meldete sich dann Russlands Präsidentensprecher Dmitri Peskow. Er bekräftigte, die von May erhobenen Vorwürfe entbehrten jeder Grundlage. Dennoch sei man offen für eine Zusammenarbeit mit britischen Behörden, damit die Tat aufgeklärt wird. Dazu ist London ohne Angabe von Gründen nicht bereit, obwohl die eigenen Ermittler offenbar kaum Ermittlungserfolge vorweisen können.

Peskow blieb auf der Linie seines Chefs. Präsident Wladimir Putin hatte May bereits am Montag mit Hilfe eines BBC-Reporters die Nachricht zukommen lassen: »Schaffen Sie zuerst Ordnung bei sich selbst und dann werden wir mit Ihnen darüber diskutieren.«

London verschärfte jedoch die Situation und versuchte, seine Verbündeten »auf Linie« zu bringen. Nach den USA stellte sich Frankreichs Präsident Emmanuel Macron an Londons Seite. Kanzlerin Angela Merkel ließ durch einen Sprecher erklären, es sei an Russland, »rasche Antworten auf die berechtigten Fragen der britischen Regierung zu geben«.

Diese Forderung erhoben auch die 29 Mitgliedstaaten der NATO. Der »Angriff« sei »ein klarer Bruch internationaler Regeln und Vereinbarungen«. Die Allianz versicherte ihre Solidarität und bot »Unterstützung bei der Durchführung der laufenden Untersuchung«. Auch EU-Ratspräsident Donald Tusk sagte Großbritannien volle Solidarität zu.

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