Lychen bleibt in der dritten Reihe

Landtag debattierte den Entwurf des Landesentwicklungsplanes Hauptstadtregion

  • Wilfried Neiße
  • Lesedauer: 3 Min.

Es gibt nicht nur diesen ominösen »amerikanischen Traum«, es gibt auch den brandenburgischen Traum. Und das ist der Traum vom eigenen Häuschen im Grünen, erklärte am Donnerstag in Potsdam der CDU-Abgeordnete Henryk Wichmann in der von seiner Fraktion beantragten Landtagsdebatte zum Landesentwicklungsplan Hauptstadtregion. Wichmann warf der rot-roten Landesregierung vor, diesen Traum zu zerstören durch den von ihr vorgelegten Entwurf zum Landesentwicklungsplan (LEP), der das Land Brandenburg mit Bauverboten überziehe und dem Naturschutz ein maßloses Gewicht gebe.

Seiner uckermärkischen Heimatstadt Lychen werde in dieser Landesplanung, gegen die noch bis zum 7. Mai Einwände eingebracht werden können, ein »Platz in der dritten Reihe« zugewiesen, rief der CDU-Politiker, über den der Regisseur Andreas Dresen 2012 den Dokumentarfilm »Herr Wichmann aus der dritten Reihe« gedreht hatte. Während es ihm in der Fraktion nun gelungen sei, in die erste Reihe aufzurücken, gestatte die Landesplanung dies seinem Heimatstädtchen aber nicht, klagte Wichmann. Er forderte einen Entwicklungsplan, »der unser Land wirklich entwickelt und nicht behindert«, und ferner, nicht vor Berlin »zu Kreuze zu kriechen«.

»Unser Landesentwicklungsplan ist Teil der Lösung, und Ihre Falschaussagen sind Teil des Problems«, entgegnete trocken Infrastrukturministerin Kathrin Schneider (SPD). Es sei nicht nur vernünftig, es sei überlebenswichtig, dass bedeutenden Städten ein größerer Spielraum eingeräumt werde als kleineren - und kleineren ein größerer Spielraum als Dörfern. Zwischen 2000 und 2016 hätten zehn von 18 Kreisen und kreisfreien Städten im Land Brandenburg ein Minus bei der Bevölkerungsentwicklung registrieren müssen, danach seien es immer noch acht von 18 gewesen. Dies müsse die Landesentwicklung aufgreifen und Stabilisierungsanker im Raum schaffen. Es sei Ziel der Landesregierung, die Innenstädte der Kommunen so zu stärken, dass eben nicht befürchtet werden müsse, dass ihnen eine Nachbargemeinde auf der grünen Wiese ein Einkaufszentrum vor die Tore setzt. Auf den Vorwurf, Kommunen sei die Entwicklung verwehrt, sagte Schneider: »Wir haben Platz in unseren Dörfern.« Und wenn durch den LEP je 1000 Einwohner ein Hektar neue Wohnbebauung ermöglicht werde, dann stelle das eine Verdopplung gegenüber der gegenwärtigen Regelung dar. »Bei mir im Dorf gibt es fünf neue Häuser, und für zehn weitere ist noch Platz.«

Auf Wichmanns Vorwurf, dass die Landesregierung Entwicklung nur in den ihr genehmen Kommunen und entlang ihr vorschwebender Achsen zulassen wolle, entgegnete Linksfraktionschef Ralf Christoffers, diese Achsen hätten sich nicht die Koalitionsparteien ausgedacht, sie würden vielmehr bereits bestehen, folglich seien es die dort lebenden Menschen gewesen. Dass es eine Schwerpunktentwicklung über solche Achsen geben werde, sei »völlig richtig«.

Christoffers bekannte sich zur Planungsvorstellung einer ersten, zweiten und dritten Reihe im Raum um Berlin. Wenn Städte wie Eberswalde beispielsweise einen Bevölkerungszuzug erlebten, dann müsse die Landespolitik dies auch abbilden, betonte er.

Für die SPD-Fraktion bekannte die Abgeordnete Jutta Lieske, sie wolle keinen ungebremsten »Siedlungsbrei« rund um Berlin zulassen. Staatliche Steuerung sei unverzichtbar bei dem Vorhaben, das Metropolenwachstum aufzunehmen und in den Raum weiterzuleiten.

Die fraktionslose Abgeordnete Iris Schülzke forderte eine Planung, die nicht neben Entwicklungsregionen nur noch Wolfserwartungsgebiete zulasse.

Der SPD-Abgeordnete Björn Lüttmann empfahl der Opposition angesichts ihrer Aussagen, ihre »Angstkampagnen« einzustellen und den Populismus den Populisten zu überlassen. An die Adresse der CDU-Fraktion gewandt, fügte er hinzu: »Sie haben damit bei der Kreisgebietsreform nicht profitiert, und Sie werden auch bei diesem Thema davon nicht profitieren.« Und mit Blick auf die AfD-Fraktion warnte Lüttmann, wenn die CDU dieses Feld weiterhin bestelle, dann sei klar, wer sich klammheimlich darüber freue und der Nutznießer davon sei.

#ndbleibt – Aktiv werden und Aktionspaket bestellen
Egal ob Kneipen, Cafés, Festivals oder andere Versammlungsorte – wir wollen sichtbarer werden und alle erreichen, denen unabhängiger Journalismus mit Haltung wichtig ist. Wir haben ein Aktionspaket mit Stickern, Flyern, Plakaten und Buttons zusammengestellt, mit dem du losziehen kannst um selbst für deine Zeitung aktiv zu werden und sie zu unterstützen.
Zum Aktionspaket

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal