»Wohin mit der hundertsten Wäschemangel?«

Thüringen: Viele Heimatstuben im Freistaat werden schließen müssen, sagen die Experten

  • Lesedauer: 3 Min.

Theuern. Ob Gold, Geflügel oder Gestein: Thüringer Museen und Heimatstuben decken riesige Themenfelder ab. Doch die Zukunft der landesweit mehr als 400 Einrichtungen scheint nicht rosig. Mangelnde Finanzierung und die demografische Entwicklung werfen bereits jetzt Probleme auf, die sich noch verstärken werden, erklärte Gudrun Braune von der Volkskundlichen Beratungsstelle in Erfurt.

Heimatstuben seien vielerorts nach 1990 - etwa anlässlich von Dorfjubiläen - entstanden. »Der Zenit ist aber schon eine ganze Weile überschritten«, sagte Braune. Die größte Schwierigkeit liege darin, die meist ehrenamtlich ins Leben gerufenen Ausstellungen über lange Zeiträume am Leben zu erhalten. »Die rüstigen Jungrentner, die damals so ein Projekt ins Leben gerufen haben, sind mittlerweile auch in die Jahre gekommen«, sagte der Geschäftsführer des Thüringer Museumsverbands, Holger Nowak. Es stelle sich die Frage, wie und ob es mit den Stuben und Sammlungen weitergehe. »Auf uns kommt ein riesiges Problem zu, von dem noch keiner weiß, wie es zu lösen ist.« Museen seien durch ihren Sammlungsauftrag in der Pflicht, historisch wertvolle Stücke zu sichern. Aber die Magazine seien vielerorts schon zum Bersten voll. »Irgendwann stellt sich einfach die Frage: Wohin mit der hundertsten Wäschemangel?«

Nicht jedes alte Stück habe gleichzeitig auch Seltenheitswert, ergänzte Braune. »Oft kommen Vereine oder Einzelpersonen zur Beratung zu uns und sind stolz auf Funde wie eine alte Wäschemangel.« Oft genug entpuppten sich diese aber als Massenprodukte. Aber auch echte Raritäten seien Herausforderungen: »Hier sind die oft ungeklärten Eigentumsverhältnisse ein großes Problem.« Oft sei unsicher, ob Ausstellungsstücke Dauerleihgaben oder Schenkungen sind. Das erschwere den Umgang mit ihnen und auch den Weiterverkauf. Daneben kämpften kleinere Museen auch mit schwierigen Pacht- und Nutzungsverträgen oder sind wegen Sanierungsbedarf gefährdet - wie etwa das Schieferdorfmuseum Schmiedebach.

Wer sicherstellen will, dass eine Sammlung auch erhalten bleibt, sollte sich früh um die Zukunft kümmern, sagen die Experten. Markus Schade vom Goldmuseum in Theuern ist ein Beispiel dafür: Zwar laufen die Angebote - neben dem Museum etwa die Goldwasch-Exkursionen - wie gehabt weiter. Einige der wichtigsten Exponate seien aber schon im Magazin eines anderen Museums untergebracht, sagte Schade.

»Meine Mission ist es, Wissen unter die Leute zu bringen«, erklärte er. Um sicherzustellen, dass das auch in Zukunft passiert, hat er Verträge mit einem Museum abgeschlossen, das einiges nach und nach übernimmt. »Ich schaue mir jetzt an, ob das wie vereinbart läuft, und kann dann bei Bedarf noch reagieren.«

Dass viele Heimatstuben schließen werden, ist für die Experten sicher - nur das Wann nicht: »Letztlich hängt alles von den Akteuren vor Ort ab. Das ist ein Faktor, der sich von außen weder beeinflussen noch exakt vorhersagen lässt«, so Braune. dpa/nd

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