Hakenkreuz-Glocke soll abgehängt werden

Superintendent Lechler: »Wir hoffen, unsere Entscheidung führt bei einer Mehrheit der Bevölkerung zu Verständnis« / Relikt aus Nazizeit wird möglicherweise ausgestellt

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Schweringen. Die Hakenkreuz-Glocke im niedersächsischen Schweringen wird abgehängt und durch eine neue Glocke ersetzt. Der evangelisch-lutherische Kirchenkreisvorstand in der Kreistadt Nienburg habe am Dienstagabend in einer fünfstündigen Sitzung über das weitere Verfahren mit der Glocke beraten und sei zu diesem Beschluss gekommen, sagte Superintendent Martin Lechler am Mittwoch. »Wir hoffen, unsere Entscheidung führt bei einer Mehrheit der Bevölkerung zu Verständnis«, sagte er.

Der Umgang mit der Glocke hatte in dem 800-Einwohner-Dorf für heftigen Streit gesorgt. Gemeindepastor Jann-Axel Hellwege hatte eine Entscheidung des Gemeindevorstands angefochten, der die Glocke behalten und weiter nutzen wollte. Die 1934 gegossene und aufgehängte Glocke war im Herbst stillgelegt worden. Kurz vor Ostern hatten Unbekannte heimlich das 35 mal 35 Zentimeter große Hakenkreuz und Teile einer nationalistischen Inschrift mit einem Winkelschleifer weggefräst. Die Glocke ist seitdem unbrauchbar. Die Polizei nahm die Ermittlungen auf.

In dem jetzt gefassten Beschluss heißt es: »Der Kirchenkreisvorstand des Kirchenkreises Nienburg ist der festen Überzeugung, dass eine Glocke, die mit einem Hakenkreuz und einer nationalsozialistischen Inschrift versehen ist, grundsätzlich nicht zu Gottesdienst, Andacht und Gebet geläutet werden darf.« Das Gremium beruft sich dabei auf die Barmer Theologische Erklärung der Bekennenden Kirche in der NS-Zeit, erläuterte Lechler. Darin gebe es eine klare Absage, die kirchliche Botschaft mit weltanschaulichen oder politischen Überzeugungen zu vermischen.

Für den Guss einer neuen Glocke habe die hannoversche Landeskirche eine Kostenübernahme angeboten. Schätzungsweise ein mittlerer fünfstelliger Betrag müsse für den Guss samt Einbau veranschlagt werden.

Der Pressesprecher des Sprengels Hannover, Fabian Gartmann, sagte, die Hakenkreuz-Glocke werde nicht zerstört. Dies sei ohnehin nicht möglich, da sie als Denkmal eingestuft sei. Denkbar sei, die Glocke auszustellen und mit Erklärtexten auf ihre Geschichte hinzuweisen. Der Glockensachverständige der hannoverschen Landeskirche, Andreas Philipp, betonte, dass die Glocke in jedem Fall von einem Metallrestaurator behandelt werden müsse, sollte sie ausgestellt werden. epd/nd

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