Mehr Ellenbogenfreiheit für Verfassungshüter
Im Landtag ist die Erneuerung von Brandenburgs Verfassungsgerichtsgesetz auf den Weg gebracht worden
Dem von SPD, LINKE, CDU und Grünen eingebrachten Entwurf zur Erneuerung des Gesetzes zum Verfassungsgericht haben in der vergangenen Woche die Vertreter sämtlicher Fraktionen im Landtag zugestimmt. Nach Einschätzung von Ausschusschefin Margitta Mächtig (LINKE) ist das ein schöner Ausdruck konstruktiven Herangehens. Das am Donnerstag erzielte Abstimmungsergebnis war insofern merkwürdig, als sich im Detail während der Debatte zuvor tiefe Gräben und Meinungsunterschiede offenbart hatten.
CDU und Grüne hatten beantragt, die Altersgrenze für Verfassungsrichter aufzuheben und so eine »Altersdiskriminierung« zu beenden. Es dürfe nicht sein, dass hoch qualifizierte Juristen im Verfassungsgericht allein aus dem Grund nicht tätig sein dürfen, weil sie zu alt sind.
Die AfD schaltete sich daraufhin mit dem Vorschlag ein, die Altersgrenze beizubehalten, aber von 68 auf 70 Jahre heraufzusetzen. »Notare dürfen auch bis 70 arbeiten«, erklärte der Abgeordnete Thomas Jung zur Begründung.
Für die LINKE lehnte der Abgeordnete Volkmar Schöneburg dieses Anliegen ab. 68 Jahre, das sei »betagt genug«, erklärte er. Das Verfassungsgericht dürfe kein »Abladebahnhof für in den Ruhestand geschickte Gerichtspräsidenten sein«, die noch Lust hätten, ein wenig mitzumischen. Mit der bisher gültigen Reglung sei sichergestellt, dass der Spruchköper »erfahren, und gleichzeitig jung-dynamisch« bleibe, so Schöneburg.
Neu eingeführt werden sollte auch eine Kosten- beziehungsweise Gebührenregelung für offensichtlich unbegründete Anträge und permanente Querulanten. Grünen-Vertreter Benjamin Raschke verneinte deren Notwendigkeit mit der Begründung, dass eine solche Regelung in lediglich zwei Fällen pro Jahr wirksam würde. Doch der SPD-Vertreter Erik Stohn bestand darauf. »Zwei Fälle sind zwei Fälle«, sagte er. Niemand garantiere dass in Zukunft nicht mehr als die genannten Fälle betroffen sein könnten. Angesichts der Bedeutung einer Verfassungsgerichtsentscheidung sei eine klärende Bestimmung am Platze.
Über den AfD-Antrag, die Amtszeit der Verfassungsrichter von bisher zehn Jahren auf fünf Jahre zu verkürzen, machten sich die übrigen Ausschussmitglieder lustig. Es sei seltsam, dass ausgerechnet beim Thema Verfassungsgericht ein Antrag eingereicht werde, der verfassungswidrig sei, erklärte Schöneburg. Denn es sei schließlich die Landesverfassung, die eine Amtszeit von zehn Jahren festschreibe. Zunächst also müsste die geändert werden. Für die längere Amtszeit spreche jedoch, dass diese Frist die Unabhängigkeit des Gerichts stärke, so sei es nicht raschen politischen Schwankungen ausgesetzt.
Mit der beabsichtigten Novellierung des Gesetzes wolle man auch für das Verfassungsgericht den Weg dafür freimachen, dass dort die elektronische Aktenführung Einzug halten könne, erklärte der SPD-Abgeordnete Stohn. Geregelt werden solle auch die Freistellung der Richter von ihren Heimatgerichten und ein zusätzlicher Rechtsschutz für Parteien, die mit Entscheidungen des Wahlprüfungsausschusses nicht einverstanden sind. Künftig könnten dann auch diese vor dem Verfassungsgericht klagen.
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