In Europa ist nur Malta noch restriktiver

Etwa 25 legale Abtreibungen werden jährlich in Irland vorgenommen - seit 1983 sind etwa 170.000 Irinnen für einen Schwangerschaftsabbruch ins Ausland gereist

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Der achte Verfassungszusatz, nach einem Referendum 1983 als Article 40.3.3 in die irische Verfassung aufgenommen, stellt das Recht auf Leben eines Fötus ab Einnistung in der Gebärmutterschleimhaut mit dem Recht auf Leben einer schwangeren Frau auf die gleiche Stufe.

Im europäischen Raum hat lediglich Malta eine noch restriktivere Gesetzgebung. 1992 wurde der Artikel ergänzt, nachdem sich ein 14-jähriges Mädchen, das nach einer Vergewaltigung schwanger geworden war, ein Reiserecht erklagt hatte, um einen Abbruch in England vornehmen zu lassen. Seither sind das Reiserecht und Recht auf Information über Abtreibungen im Ausland garantiert, allerdings ist es Ärzten weiterhin untersagt, Patientinnen ins Ausland zu überweisen.

Dies gilt auch bei Vergewaltigungen, Inzest und bei starken fötalen Missbildungen und nicht lebensfähigen Föten. 2013 wurde mit dem Gesetz zum »Schutz des Lebens in der Schwangerschaft« bestätigt, dass Abtreibung nur erlaubt ist im Falle einer »realen und erheblichen Lebensgefahr für die Schwangere, die nur durch ein Beenden der Schwangerschaft abgewendet werden kann«. Bei Selbstmordgefahr kann die Zustimmung von bis zu sechs Psychiatern erforderlich werden. Bei Verstoß droht eine Haftstrafe von bis zu 14 Jahren. Pro Jahr werden etwa 25 Abtreibungen in Irland legal vorgenommen.

Im Sommer 2014 wurde einer vergewaltigten Frau, die sich im Asylverfahren befand und daher nicht in der Lage war, nach England zu reisen, trotz Suizidgefahr über mehrere Monate eine Abtreibung verweigert, sie wurde inhaftiert und ein Kaiserschnitt in der 25. Woche gerichtlich angeordnet. Im Dezember 2014 wurde eine klinisch tote und in der 15. Woche schwangere Frau über mehrere Wochen gegen den Willen ihrer Familie künstlich am Leben gehalten. Mehrfache Abmahnungen seitens des Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte, die Rechtslage in Irland verstoße gegen die Europäische Menschenrechtskonvention, und zunehmender öffentlicher Druck führten 2016 zur Einberufung einer Bürgerversammlung. Die daraus resultierenden Vorschläge wurden 2017 von einer parlamentarischen Kommission angenommen und führten zum heutigen Referendum.

Bisher vorliegende Vorschläge für eine Gesetzgebung, die auf das Referendum folgen könnte, umfassen die Möglichkeit, eine Abtreibung ohne Angaben von Gründen bis zu zwölf Wochen vornehmen zu lassen - mit einer dreitägigen Bedenkzeit. Darüber hinaus bis zu 24 Wochen, wenn zwei Fachärzte Gefahr für das Leben oder ernsthaften Schaden für die Gesundheit der Schwangeren attestieren sowie unbegrenzt, wenn zwei Fachärzte schwere fötale Missbildungen beziehungsweise einen nicht lebensfähigen Fötus diagnostizieren.

Seit 1983 sind etwa 170.000 Irinnen für einen Schwangerschaftsabbruch ins Ausland gereist. 2016 reisten laut britischem Gesundheitsministerium 3265 nach England, 140 unter ihnen mit der Diagnose schwerer Missbildungen bzw. nicht lebensfähiger Föten. Da ein Abbruch im Ausland eigenfinanziert werden muss, findet er in der Regel später als unbedingt notwendig statt. Etwa 2000 Frauen pro Jahr nehmen illegal importierte Abtreibungspillen ein.

In Irland gibt es etwa drei Millionen Wahlberechtigte. Knapp 17.500 Irinnen und Iren leben in Deutschland, davon etwa 3000 in Berlin. Wahlberechtigt sind nur irische StaatsbürgerInnen in Irland, und irische StaatsbürgerInnen im Ausland, die nicht bereits länger als 18 Monate außer Landes sind. Eine Briefwahl ist nicht zulässig. kam

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