• Politik
  • Debatte nach Räumungen in Berlin

LINKE-Vorstand solidarisiert sich mit Besetzern

Gremium nahm von Bundestagsabgeordneter Caren Lay initiierten Antrag am Sonnabend ohne Gegenstimme an

  • Sebastian Bähr
  • Lesedauer: 3 Min.

Bereits vor vier Jahren zeigte die Linkspartei Flagge, jetzt untermauert der Bundesvorstand seine Unterstützung von Hausbesetzungen. »Die LINKE solidarisiert sich mit der Initiative #besetzen und bekräftigt den Beschluss vom Juni 2014« , heißt es in einem Antrag, den das Gremium am Samstag ohne Gegenstimme verabschiedet hat, wie die Bundestagsabgeordnete Caren Lay gegenüber »nd« bestätigte.

Vor vier Jahren hieß es noch, dass Hausbesetzungen nach niederländischem Vorbild »entkriminalisiert« werden sollen, wenn die Wohnung zuvor ein Jahr leer gestanden hatte. Eine Räumung dürfe erst dann möglich sein, wenn der Eigentümer eine Nutzbarmachung innerhalb der nächsten drei Monate nachweisen könne.

Im aktuellen Antrag, der »nd« vorliegt, wird die LINKE nun konkreter: »Wir sehen Instandbesetzungen von leerstehendem Wohnraum als ein Instrument von vielen zur Verwirklichung einer sozialen Wohnraumversorgungspolitik.« Mit der Möglichkeit, länger als ein Jahr leerstehende Häuser zu besetzen, stehe ein »weiteres, wichtiges Element zur Bekämpfung spekulativen Leerstands« zur Verfügung. Für diese Politik müsse sich nun auf der Bundesebene eingesetzt werden.

Selbstkritisch heißt es in der Begründung des neuen Beschlusses, dass die LINKE von den Berliner Aktivisten während der Besetzungen am Pfingstwochenende nicht als Unterstützung oder Schutz wahrgenommen wurde. »Auch konnte kein glaubwürdiger Druck auf städtische Wohnungsbaugesellschaften, die Polizei und die zuständigen SPD-Senatoren ausgeübt werden.« Die Glaubwürdigkeit solle nun wieder gestärkt und entsprechende Initiativen unterstützt werden.

Initiatorin des Antrages ist Caren Lay. »In Zeiten des Mietenwahnsinns ist nicht das Besetzen leerstehender Wohnungen, sondern die Spekulation mit Wohnraum ein Verbrechen«, sagte die Politikerin gegenüber »nd«. »Nach einem Jahr muss das Recht auf Wohnen stärker sein, als das Recht auf Eigentum.« Die Abgeordnete kündigte an, einen »ähnlichen« Antrag auch auf dem Parteitag am kommenden Wochenende in Leipzig einbringen zu wollen. Offenbar soll mit dem aktuellen Beschluss Druck aufgebaut werden, auch in der nächsten Woche das Thema in der gleichen Stoßrichtung zu behandeln.

Am Pfingstwochenende hatte eine Berliner Initiative zu einem »Frühling der Hausbesetzungen« aufgerufen. Mehrere Gebäude wurden innerhalb eines Tages in Beschlag genommen. Es gab Verhandlungen zwischen den Besetzern und dem kommunalen Wohnungsbauunternehmen »Stadt und Land« unter der Beteiligung von Landespolitikern der Linkspartei, doch zum Schluss wurde geräumt. Die LINKE-Bausenatorin Katrin Lompscher hatte anfangs zwar Verständnis für die Besetzer geäußert, die Räumungen gleichzeitig aber auch gerechtfertigt. Die außerparlamentarische Szene reagierte erbost, in der Berliner Linkspartei kam es zu einer Debatte. »Die Räumungen waren falsch«, hieß es dann in einem einstimmig verabschiedeten Beschluss Ende Mai. Die 56 Strafanträge gegen die Aktivisten sollen zurückgenommen werden.

Die Berliner Hausbesetzer sahen diese Unterstützungsbekundung mit Skepsis. »Unser Vertrauen in die LINKE ist erschüttert«, stellten sie kürzlich auf einer Demonstration klar. Man wolle sich zudem nicht vereinnahmen lassen.

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