Viel Lärm um nichts

Mecklenburg-Vorpommerns Regierung legt umstrittene Theaterfusionen ad acta

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Schwerin. Nach jahrelangem Streit hat die SPD/CDU-Landesregierung in Schwerin ihre umstrittene Theaterreform ad acta gelegt und mit Kreisen und Kommunen den Abschluss eines Theaterpakts vereinbart. Es bestehe Einigkeit darüber, alle vier Mehrspartenhäuser im Land zu erhalten, sagte Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD) noch am Dienstag in Schwerin nach einem von ihr initiierten Theatergipfel. Damit seien Forderungen nach weiteren Theaterfusionen, die Kosten sparen sollten, in den Häusern selbst und auch in der Bevölkerung aber auf erbitterten Widerstand gestoßen waren, vom Tisch.

Zuletzt hatte es massive Proteste und eine Petition gegen den Zusammenschluss des Theaters Vorpommern Greifswald/Stralsund mit dem Theaterverbund Neubrandenburg/Neustrelitz gegeben. Die Oberbürgermeister der Theaterstädte zeigten sich mit den neuen Vereinbarungen zur Theaterlandschaft in Mecklenburg-Vorpommern zufrieden. Engere Kooperationen soll Kosten ebenso dämpfen wie ein Personalabbau, der für die Theater im Landesosten aber von 60 auf 30 Stellen reduziert wurde.

»Es war unser Ziel, das Theater um das Theater« zu beenden, erklärte Schwesig nach dem Gespräch, das mit drei Stunden deutlich länger gedauert hatte als geplant. Kommunen und Land würden nach den zum Teil hitzigen Debatten in der Vergangenheit bei den Theatern nun Hand in Hand gehen. Das Land verfüge über sehr gute Theater, für die künftig auch gute Bedingungen geschaffen würden. Die Vereinbarung solle zudem dafür Sorge tragen, dass an den Bühnen künftig Löhne nach dem Flächentarif gezahlt werden, sagte Schwesig. Das Land trage 55 Prozent der Mehrkosten, den Rest die kommunalen Träger. »Für gutes Theater soll es auch gute Löhne geben«, betonte Schwesig. Der Theaterpakt solle für zehn Jahre gelten.

CDU-Landtagsfraktionschef Vincent Kokert sprach von einem Paradigmenwechsel. Statt über Strukturen könne nun wieder über Qualität und Zuschauerwünsche gesprochen werden. »Das ist ein guter Tag für die Theater- und für alle Kulturschaffenden in Mecklenburg-Vorpommern«, sagte Kokert. Er erklärte jedoch zugleich, dass die finanziellen Spielräume des Landes trotz weiterhin guter Steuereinnahmen langsam erschöpft seien. Für kostenfreie Kita und zusätzliche Polizeistellen habe das Land zuvor schon Extra-Millionen bereitgestellt. »Mit den Theatern haben wir nun das nächste große Thema abgeräumt«, konstatierte Kokert.

Der Übereinkunft zufolge stockt das Land seine Zuschüsse an die Theater von bisher 36 auf mindestens 40 Millionen Euro auf. Diese Mittel sollen entgegen der bisherigen Regelung von 2019 an auch um jährlich 2,5 Prozent angehoben werden. Eine solche Dynamisierung sei eine alte Forderung der die Theater tragenden Kommunen, die nun endlich erfüllt werde, betonte Rostocks Oberbürgermeister Roland Methling (parteilos).

Die Stadt Rostock hatte die Landespläne zur Fusion des Volkstheaters mit dem Mecklenburgischen Staatstheater in Schwerin entschieden abgelehnt, kann nun aber auf Millionenzuschüsse des Landes für den geplanten Theaterneubau vertrauen. Das Land bekennt sich in der in Schwerin unterzeichneten Absichtserklärung dazu, erforderliche Investitionen mit einem »angemessenen Anteil« zu unterstützen. Der Investitionsbedarf für Rostock wird bislang mit 100 Millionen Euro veranschlagt.

Das Mecklenburgische Staatstheater in Schwerin, zu dem nach der bislang einzigen Fusion inzwischen auch das Theater Parchim gehört, wird nach Angaben Schwesigs vollständig in Landeshoheit übertragen. Das Land sei bereit, die kommunalen Gesellschafteranteile von Schwerin, Parchim und Landkreis zu übernehmen. Im Gegenzug entfalle der Landeshauptstadtvertrag, über den Schwerin bislang zusätzliche Mittel für sein Theater bekommt.

Die oppositionelle LINKE äußerte sich nach dem Treffen zwiespältig zu den Ergebnissen. »Es ist gut, dass die sogenannte Theaterreform als gescheitert abgeheftet wird. Der große Wurf ist heute allerdings auch nicht gelungen«, sagte die Landtagsabgeordnete Eva-Maria Kröger. An allen Häusern würden weiterhin Stellen abgebaut. »Und dieser Verlust schwächt die Theaterlandschaft dauerhaft«, beklagte Kröger. dpa/nd

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