Giftlabor im Hochhaus

Tunesier soll Bio-Waffen hergestellt haben

  • Lesedauer: 2 Min.

Köln. Der in Köln gefasste Tunesier soll bereits seit mehreren Wochen biologische Waffen in seiner Wohnung hergestellt haben. Das Material zur Herstellung des hochgiftigen Rizin hatte er sich nach Erkenntnissen der Bundesanwaltschaft zunächst im Internet gekauft und dann seit Anfang Juni zusammengemischt. Es bestehe deswegen dringender Tatverdacht, teilte die Justizbehörde am Donnerstag in Karlsruhe mit. Anhaltspunkte für eine »konkretisierte Anschlagplanung« oder eine Mitgliedschaft des Beschuldigten in einer terroristischen Vereinigung gebe es aber bislang nicht.

Der 29-Jährige hatte den Verdacht der Sicherheitsbehörden geweckt, weil er auffällig im Internet eingekauft hatte. Unter anderem hatte Sief Allah H. bei einem Online-Versandhändler 1000 Rizinus-Samen und eine elektrische Kaffeemühle gekauft. »Anfang Juni 2018 setzte der Beschuldigte sein Vorhaben um und stellte erfolgreich Rizin her«, teilte die Bundesanwaltschaft mit. »Dieses konnte bei dem Beschuldigten sichergestellt werden.« Rizin gilt als eines der tödlichsten Gifte der Welt.

Nach »Spiegel«-Angaben orientierten sich die Bestellungen an einer Anleitung der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) zur Herstellung einer Rizin-Bombe. Laut Bundesanwaltschaft ist aber »nicht abschließend geklärt«, ob der Tunesier einen islamistisch motivierten Anschlag begehen wollte. »Vor diesem Hintergrund besteht derzeit kein dringender Tatverdacht wegen Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat«, hieß es weiter. Hinweise, wann und wo der Mann seine Waffe eventuell hätte einsetzen können, gebe es nicht.

Der Düsseldorfer Toxikologe Gerhard Fritz nannte es höchst bedenklich, dass man die Samen frei im Internet bestellen könne. Bei einem derart giftigen Stoff, der schon in geringen Mengen tödlich wirke, sei das »sehr beunruhigend«. Bereits die Dosis aus einem einzigen Samen könne ein Kind töten, erläuterte der Leiter des Instituts für Toxikologie an der Uni Düsseldorf.

Der Bundesgerichtshof hatte am Mittwochabend Haftbefehl gegen den 29-jährigen erlassen. Laut »Kölner Stadt-Anzeiger« und »Express« soll der Tatverdächtige erst im November 2016 nach Deutschland eingereist und polizeilich nicht in Erscheinung getreten sein. Staatsschutz und Ermittlungsbehörden hätten einen Hinweis auf den Mann erhalten, der dann observiert und am Dienstagabend festgenommen wurde. Spezialkräfte stürmten die Wohnung des Mannes, seiner Frau und Kinder in einem Hochhaus.

Das angesehene Robert-Koch-Institut (RKI) stuft das leicht erhältliche Rizin aus dem Samen des Wunderbaums als »potenziellen biologischen Kampfstoff« ein. Handel und Umgang mit der Reinsubstanz seien nach dem Chemiewaffen-Übereinkommen von 1997 beschränkt. Schon in geringer Konzentration kann Rizin tödlich sein. Sollte das Gift gespritzt werden, wirkt es nach RKI-Angaben binnen 36 bis 48 Stunden tödlich. dpa/nd

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