Abfluss verstopft

Rheinland-Pfalz: Bauernverband kritisiert Versäumnisse bei Pflege von Entwässerungsgräben

  • Lesedauer: 3 Min.

Mainz. Gegen die Überschwemmungen durch zerstörerische Unwetter, wie sie in den letzten Wochen im unter anderem in Rheinland-Pfalz auftraten, hätte nach Ansicht des Bauern- und Winzerverband Rheinland-Pfalz Süd schon im Vorfeld etwas unternommen werden können. Das Problem seien jahrzehntelange Versäumnisse bei der Instandhaltung von Entwässerungsgräben auf landwirtschaftlich genutzten Arealen, erklärte der Vize-Präsident des Verbandes, Johannes Zehfuß. »Wenn das nicht so wäre, dann wären in vielen Gemeinden diese Überschwemmungen so nicht passiert.«

Ein funktionierendes Grabensystem könne dazu beitragen, dass angrenzende Orte nicht überflutet würden, weil das Wasser abgeleitet werde, sagte der Vize-Präsident. Für die Instandhaltung der Gräben sind Zehfuß zufolge die Gemeinden verantwortlich. Er fordert, diese Aufgabe besser den Bauern zu überlassen. Heftiger Regen hatte Ende Mai und Anfang Juni vor allem in der Eifel, der Naheregion, der Pfalz und Rheinhessen Schäden verursacht.

In ungepflegten Gräben kann sich zum Beispiel Erde sammeln und die Gräben verlanden. Teils entstehen in ihnen auch neue Lebensräume für Tiere und Pflanzen, sogenannte Biotope. Zu den typischen Pflanzenarten zählten Schwertlilie und Wasserpest, sagte der Gewässerbiologe Holger Schindler vom Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) in Rheinland-Pfalz. Vor allem die Wasserpest könne die Gräben stark überwuchern. Unter den Tieren seien etwa Schnecken, Egel und auch einige Libellenarten zu finden.

Ein Biotop in einem Entwässerungsgraben kann jedoch auch schnell zum Konfliktpunkt zwischen Landwirtschaft und Umweltschutz werden. Der rheinland-pfälzische Landwirtschaftsminister Volker Wissing (FDP) forderte kürzlich im Agrarausschuss des Mainzer Landtags dazu auf, vorausschauend zu handeln. Es sei keine Lösung, die Pflege zu vernachlässigen, später mit dem Bagger darüber zu gehen und alles Leben zu zerstören. Aus Sicht des Umweltschutzes bringt die Umwandlung einer Landschaft in Äcker in sich schon Probleme mit. Heutzutage gibt es laut dem BUND-Experten Schindler nicht nur die sichtbaren Gräben, sondern auch verzweigte Rohrsysteme unter der Erde, durch das Sicker- oder Quellwasser abgeleitet wird. Das habe nichts mehr mit natürlichen Wasserläufen zu tun. Auch fließe das Wasser durch die Entwässerungssysteme relativ schnell und fördere damit die Bodenerosion.

Zudem sei die Kulturlandschaft monoton und biete wenig Raum für Artenvielfalt, so Schindler. »Die Entwässerung der Landschaft führt dazu, dass ursprüngliche Feuchtbiotope verloren gegangen sind.« Als Lösung schlägt der Biologe deshalb vor, einige unterirdische Bäche wieder an die Oberfläche zu holen. Mithilfe historischer Karten könne den Gewässern ihr ursprünglicher Verlauf wiedergegeben werden. »Das kann man in der Kulturlandschaft wahrscheinlich nur an wenigen Stellen tun«, so der BUND-Experte. Auf jeden Fall müsse hierfür mit den Bauern zusammengearbeitet werden, zumal diese zugunsten eines Gewässers auf Feldfläche verzichten müssten. dpa/nd

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