Die AfD fühlt sich als Hetzer angesprochen
Potsdam. In einer erregten Debatte über den Kampf gegen Rechtsextremismus und Fremdenfeindlichkeit hat sich Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) im Landtag einen Schlagabtausch mit der AfD geliefert. »Das Bündnis ›Tolerantes Brandenburg‹ hat sich immer dagegen gestellt, wenn das rechtsextreme Gift an die Oberfläche kam«, erklärte Woidke am Mittwoch in einer Aktuellen Stunde des Parlaments zum 20-jährigen Bestehen des Netzwerks gegen Rassismus und Fremdenfeindlichkeit. »Das ist das Bündnis, das Hetzer und Rechtspopulisten am meisten ärgert.« Wütende Proteste aus der AfD-Fraktion konterte Woidke kühl: »Ich weiß gar nicht, warum sie sich diese Jacke anziehen - ich habe Ihre Partei doch gar nicht konkret genannt.«
AfD-Fraktionschef Andreas Kalbitz hatte der rot-roten Regierung zuvor vorgeworfen, mit dem »Toleranten Brandenburg« einseitig gegen den Rechtsextremismus zu zielen und den Linksextremismus auszusparen. Zudem habe die Regierung mit dem Bündnis einen »Überwachungsstaat« aufgebaut, dessen Methoden an die Stasi erinnerten.
SPD und CDU räumten ein, das Problem rechtsextremer Gewalt in den 1990er Jahren zunächst unterschätzt zu haben. Das Programm »Tolerantes Brandenburg« wurde am 23. Juni 1998 von der Landesregierung beschlossen, die seinerzeit eine SPD-Alleinregierung gewesen ist. Dem damaligen Ministerpräsidenten Manfred Stolpe (SPD) ging es darum, Rechtsextremismus und Gewalt zurückzudrängen. Inzwischen ist daraus ein umfangreiches Beratungsnetzwerk mit mehr als 40 Kooperationspartnern geworden, darunter Kirchen, Gewerkschaften und Unternehmen. Das Jubiläum wurde bereits am vergangenen Wochenende mit einem Festakt in Cottbus gefeiert.
Die Demokratie zu verteidigen, sei harte Arbeit, betonte Woidke. Dafür müssten demokratische Kräfte und Aktivitäten gebündelt, unterstützt und geschützt werden. Eine starke Zivilgesellschaft sei nur möglich, wenn die Aktiven sich auch auf den Schutz durch den Staat verlassen können. Das »Gift« des Rassismus und der Fremdenfeindlichkeit werde heute jedoch »anders verabreicht« als vor 20 Jahren, betonte der Ministerpräsident. Deshalb sei ein »parteiübergreifender Schulterschluss« auch gegen Rechtspopulisten und »scheinheilige Kümmerer« nötig, die vermeintliche Lösungen für Sorgen der Menschen anbieten. Ein demokratisches Zusammenleben sei nur möglich, wenn Lösungen für Probleme entwickelt und Sorgen erstgenommen werden.
Das Modell »Tolerantes Brandenburg« habe sich im Umgang mit faschistischen Tendenzen bewährt und sei auch für den Umgang mit anderen politischen Problemen und Fragen geeignet, betonte Linksfraktionschef Ralf Christoffers. »Den gesellschaftlichen Kampf gegen Rechtsextremismus brauchen wir weiterhin«, sagte CDU-Fraktionschef Ingo Senftleben. Zwar habe jeder das Recht auf eine eigene Meinung. Dazu gehöre jedoch auch das »Recht darauf, dass ihm widersprochen wird«. dpa/epd
Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.
Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.
Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.
Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.