Millionen für Alltagswaren

Venezuela schiebt die Währungsreform hinaus

  • Lesedauer: 2 Min.

Aufschub trotz Dringlichkeit: Venezuelas Regierung hat die eigentlich für den 4. Juni geplante Währungsunion auf unbestimmte Zeit verschoben. Der derzeit zirkulierende Bolívar Fuerte (Starke Bolívar) sollte durch den Bolívar Soberano (Souveränen Bolívar) ersetzt werden. Ganz konkret sollten drei Nullen gestrichen werden. Als ließe sich das Inflationsproblem so einfach lösen.

Nach einem Treffen mit Venezuelas Bankenvereinigung (Asociación Bancaria de Venezuela) entschied der am 20. Mai wiedergewählte Präsident, Nicolás Maduro, die Währungsumstellung mindestens 60 Tage aufzuschieben. ABV-Präsident, Arístides Maza, hatte ihn gebeten, das Inkrafttreten der Reform »für mindestens 90 Tage« zu verschieben, und beide Währungen parallel zirkulieren zu lassen.

Laut Maza war der Aufschub notwendig, damit die Banken ihre Operationen an die neue Währung anpassen können, sprich die Software und Lesegeräte umstellen können. Da in der Hauptstadt Caracas Bargeld praktisch verschwunden ist und mittlerweile fast ausschließlich mit Karte bezahlt werden muss, hätte ein durch die Umstellung bedingter »Systemausfall« - auch »nur« für einen Tag - fatale Folgen.

Die Venezolaner werden also zunächst weiterhin Millionenbeträge für Waren des täglichen Bedarfs hinblättern. Viele Restaurants weisen in Vorgriff auf die Währungsumstellung bereits beide Preise aus.

Die Regierung Maduro hebt den Mindestlohn immer wieder an - allein in diesem Jahr bereits drei Mal. Die Hyperinflation aber frisst jede Erhöhung im Handumdrehen wieder auf. Seit den Wahlen hat der Wert des Bolívar weiter zum Sturzflug angesetzt. Der offizielle Dollarkurs lag Anfang Juli bei 115 000 Bolívares; auf dem Schwarzmarkt wurden dagegen mehr als 3,4 Millionen Bolívares für einen Greenback fällig. Viele Experten erwarten eine mindestens fünfstellige Inflationsrate für dieses Jahr.

Trotz mangelnder Klarheit bieten offizielle Quellen einen klaren Hinweis darauf, dass die Inflation ungebremst zunimmt. Laut der Venezolanischer Zentralbank entsprach der Wert der im Umlauf befindlichen Münzen und Banknoten im April dieses Jahres fast 19 Milliarden Bolívar. Im selben Vorjahresmonat waren es 1,4 Milliarden, und ein Jahr zuvor, im April 2016, nur eine halbe Milliarde. Die venezolanische Notenpresse arbeitet weiter in hektischem Tempo. akn

- Anzeige -

Wir stehen zum Verkauf. Aber nur an unsere Leser*innen.

Die »nd.Genossenschaft« gehört denen, die sie lesen und schreiben. Sie sichern mit ihrem Beitrag, dass unser Journalismus für alle zugänglich bleibt – ganz ohne Medienkonzern, Milliardär oder Paywall.

Dank Ihrer Unterstützung können wir:

→ unabhängig und kritisch berichten
→ übersehene Themen in den Fokus rücken
→ marginalisierten Stimmen eine Plattform geben
→ Falschinformationen etwas entgegensetzen
→ linke Debatten anstoßen und weiterentwickeln

Mit »Freiwillig zahlen« oder einem Genossenschaftsanteil machen Sie den Unterschied. Sie helfen, diese Zeitung am Leben zu halten. Damit nd.bleibt.