90 Jahre und kein bisschen leise

Kirchenmusikdirektor Wolfgang Kahl lädt ein in den Fürstenwalder Dom

  • Sybille Gurack
  • Lesedauer: 3 Min.

Begeisterte Laienmusiker, professionelle Vokalisten, Instrumentalisten und international geachtete Künstler gestalten an diesen Samstag im Dom St. Marien zu Fürstenwalde (Oder-Spree) ein Konzert der ganz besonderen Art. Gemeinsam werden sie unter Leitung des Kirchenmusikdirektors i. R. Wolfgang Kahl musizieren - es ist sein Konzert anlässlich seines 90. Geburtstages.

Wolfgang Kahl und seine Frau Annemarie leben seit 1951 in Fürstenwalde an der Spree. Superintendent Hillebrandt beschränkte damals die Einstellung des jungen Hochschulabsolventen vorsichtshalber auf ein Vierteljahr. Doch in der Zeit wusste Kahl zu überzeugen und wurde zum ersten hauptamtlichen Kirchenmusiker der Sankt-Marien-Domgemeinde. Für sage und schreibe 42 Jahre.

Anfangs galt seine größte Aufmerksamkeit dem Chor. Kaum jemand konnte damals Noten lesen. Es gab auch so gut wie keine. Und hatte man doch welche, so musste man sie per Hand vervielfältigen, also abschreiben.

Um ein Orchester zu rekrutieren, organisierten die Kahls Unterstützung von auswärts: Studenten aus Berlin, das DEFA-Sinfonieorchester, die Staatskapelle... Die Eheleute motivierten die Musiker für die recht aufwendige Anreise mit all den In᠆strumenten, indem sie beispielsweise argumentierten, dass es doch eine gute Orchesterprobe sei, in Fürstenwalde zu spielen. Die Musiker wurden in Haushalten von Chormitgliedern aufgenommen, wodurch sich Freundschaften entwickelten, die zum Teil bis heute anhalten.

Als später Kahls Töchter an Spezialschulen ihre musikalische Ausbildung aufnahmen, traten sie gemeinsam mit Studienkollegen in Fürstenwalde auf. Und sie unterstützten die Domkantorei auch noch, als sie längst zur Elite Deutschlands gehörten - und tun das heute noch.

Im Jahre 1964 wurden die Wochenend-Rüsten in der Evangelischen Jugendbildungs- und Begegnungsstätte Hirschluch bei Storkow eingeführt, gemeinsame Fahrten, die die überaus herzliche Gemeinschaft der Chöre noch verstärkten. Ab 1968 dirigierte Wolfgang Kahl auch in der Katholischen Kirche St. Johannes Baptist. Sie bot eine bessere Akustik, mehr Platz - und die Freundschaft beider Kirchengemeinden wuchs fortan.

1970 begannen die Reisen der Kinder- und Jugendkantorei. Chorfahrt-Kollekten, Musik-Kassetten-Verkäufe und Benefizkonzerte brachten der Domgemeinde - für den Wiederaufbau des bei den Kämpfen im April 1945 weitgehend zerstörten Domes - mehr als 100 000 Mark ein.

Vor einem Vierteljahrhundert - im Jahre 1993 - wurde Wolfgang Kahl Ehrenbürger von Fürstenwalde. Anlass für diese Ehrung war seine Verabschiedung in den Ruhestand - in dem er allerdings bis zum heutigen Tage nicht angekommen ist. Wolfgang Kahl ist seiner Musik treu geblieben, auch hat er mittlerweile bereits zwei Bücher geschrieben, in denen sich viele Fürstenwalder wiederfinden. Seine Bücher kann man im Dom kaufen.

Den Titel für sein eigenes Geburtstagskonzert hat Kahl mit Bedacht gewählt: »LOBE DEN HERREN«. Das bekannte Lied »Lobe den Herren, den mächtigen König der Ehren« drücke so wunderbar aus, was einen Jubilar an seinem 90. Geburtstag bewegt, sagt er.

Fast jeder der agierenden Chormitglieder, Instrumentalisten und Solisten ist aus der Fürstenwalder Kinder- und Jugendkantorei oder einer anderen Chorgruppe der Domkantorei hervorgegangen. Kahl zu ehren, haben sie mit Freude monatelang viel Aufwand in Kauf genommen. Der weiß das zu schätzen: »Es war oft auch nicht leicht, sich auf Probezeiten und -orte zu einigen. Alle haben ihre alltäglichen Verpflichtungen bei der Arbeit oder beim Studium, in der Familie und in ihren angestammten Musikgruppen. Alle sind sowieso viel beschäftigt und kommen aus Berlin, Frankfurt (Oder), Cottbus, Fürstenwalde und anderswo«, sagt der 90-Jährige.

Dom St. Marien Fürstenwalde, Samstag 14. Juli, 19 Uhr, , Domplatz 10,

15517 Fürstenwalde, Eintritt frei

Abonniere das »nd«
Linkssein ist kompliziert.
Wir behalten den Überblick!

Mit unserem Digital-Aktionsabo kannst Du alle Ausgaben von »nd« digital (nd.App oder nd.Epaper) für wenig Geld zu Hause oder unterwegs lesen.
Jetzt abonnieren!

Das beste Mittel gegen Fake-News und rechte Propaganda: Journalismus von links!

In einer Zeit, in der soziale Medien und Konzernmedien die Informationslandschaft dominieren, rechte Hassprediger und Fake-News versuchen Parallelrealitäten zu etablieren, wird unabhängiger und kritischer Journalismus immer wichtiger.

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.

Vielen Dank!

Unterstützen über:
  • PayPal