Sky Marshals sind an Bord Gäste

Bundesgerichtshof widerspricht Forderung der Lufthansa nach Kostenerstattung für Sicherheitsbegleiter

  • Uwe Kalbe
  • Lesedauer: 3 Min.

Deutsche Fluggesellschaften sind von Gesetzes wegen gezwungen, Sky Marshals an Bord zu nehmen und sie kostenlos zu befördern. Die bewaffneten Polizisten, die in Zivil und inkognito an Bord kommen, sollen Flugzeugentführungen, Geiselnahmen und Anschläge verhindern. Deshalb müssten Fluggesellschaften nicht nur die Flugkosten, sondern auch Nebenkosten wie Flughafengebühren oder in einigen Ländern erhobene Einreisegebühren übernehmen, urteilte am Donnerstag der Bundesgerichtshof (Az: III ZR 391/17). Der Einsatz der Flugsicherheitsbegleiter, wie ihre offizielle Bezeichnung lautet, komme schließlich nicht nur den Passagieren, sondern auch den Fluggesellschaften und ihren Mitarbeitern zugute. Diese seien letztlich »unmittelbarer Nutznießer der kostenauslösenden polizeilichen Tätigkeit«, so das Gericht.

Die Lufthansa hatte die Flugkosten nicht moniert, wollte aber die Nebenkosten loswerden - 2,3 Millionen Euro wollte sie zurück. Der Bundesgerichtshof hat ihr nun einen Strich durch die Rechnung gemacht. Die Flugnebenkosten der Sky Marshals seien »von deutlich untergeordneter Bedeutung«. Das erscheint angesichts eines Gewinns von 2,4 Milliarden Euro, den der Konzern im letzten Jahr einfuhr, ein gerechtfertigter Schluss. Die Lufthansa hatte damit 2017 ihr bisher höchstes Firmenergebnis erzielt. Die Karlsruher Richter führen aber weitere Gründe für ihr Urteil an: Mögliche Wettbewerbsnachteile gegenüber im Einzelfall nicht betroffenen Fluggesellschaften oder auch gegenüber der Bahn würden »durch den mit dem Einsatz der Flugsicherheitsbegleiter verbundenen Sicherheitsgewinn und die hieraus resultierenden Wettbewerbsvorteile mehr als ausgeglichen«. Schließlich: Der im Gesetz verwendete Begriff »unentgeltlich« umfasse auch die Nebenkosten der Beförderung von Sicherheitsbeamten.

Sky Marshals sind nicht bei jedem Flug an Bord, aber sie könnten ... Die Unkalkulierbarkeit ihres Einsatzes gehört zum Sicherheitskonzept wie die Regel, dass sie niemals einzeln unterwegs sind, sondern immer im Team. Die Bundespolizei selbst entscheidet, wann und wo Flugsicherheitsbegleiter eingesetzt werden.

Ihr Einsatz ist seit den Anschlägen in den USA vom 11. September 2001 gesetzlich verankert. Trotzdem ruft ihr Einsatz nicht ungeteilte Begeisterung hervor - auch abseits der Kostenüberlegungen von Fluggesellschaften. Zunächst weckte der Einsatz von Sicherheitsbeamten an Bord als Eingriff in die Hoheit des Flugkapitäns Widerspruch, der - wie in der Seefahrt - das Kommando an Bord hat. Vorbehalte des Personals waren deshalb die ersten Argumente, die auszuräumen waren. Und auch nachdem der Einsatz Routine geworden war, machte die Pilotenvereinigung Cockpit noch geltend, dass Sky Marshals im Grunde überflüssig seien - weil, wenn ihr Einsatz nötig würde, sei es eigentlich schon zu spät. Die Gefahr, dass ein Waffeneinsatz an Bord ähnliche Wirkungen hat wie der Terrorangriff, der verhindert werden soll, ist immens. Sicherheit müsse viel früher geschaffen werden, am Boden bei den Sicherheitskontrollen, so die Pilotenvereinigung. Tatsächlich ist bisher kein einziger Einsatz von Sky Marshals in Deutschland gegen Terrorismus bekannt geworden.

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