54 Deutschen Einreise verweigert

Weiterhin viele Deutsche an der Grenze zur Türkei abgewiesen/ Weniger Inhaftierte

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Berlin. Mindestens 54 Deutschen ist seit Jahresbeginn die Einreise in die Türkei verweigert worden. Damit bleibt die Zahl der Zurückweisungen an türkischen Flughäfen und Grenzübergängen auch zwei Jahre nach dem gescheiterten Putschversuch auf hohem Niveau. 2017 registrierte das Auswärtige Amt insgesamt 95 Fälle.

Die Zahl der in der Türkei aus politischen Gründen festgenommenen Deutschen ist dagegen rückläufig. Während es im ersten Jahr nach dem Putschversuch noch 24 Festnahmen gab, waren es in den ersten sieben Monaten dieses Jahres nur sechs. Vier der Inhaftierten sind bis heute hinter Gittern. Daneben sitzen drei weitere Deutsche in türkischen Gefängnissen, die bereits 2016 oder 2017 festgenommen wurden.

Diese Zahlen nannte Staatsminister Michael Roth in seiner Antwort auf eine Anfrage des LINKEN-Abgeordneten Alexander Neu. Die Festnahmen und Einreiseverweigerungen belasten die deutsch-türkischen Beziehungen seit dem Putschversuch im Juli 2016 massiv. Die Freilassung des prominentesten Häftlings, des deutsch-türkischen Journalisten Deniz Yücel, hat im Februar allerdings etwas Entspannung gebracht.

Die türkische Regierung hofft nun unter anderem darauf, an die Touristenrekorde früherer Jahre anknüpfen zu können. Das Auswärtige Amt hatte nach der Aufhebung des Ausnahmezustands Mitte Juli die Reisehinweise für eins der beliebtesten Urlaubsländer der Deutschen wieder leicht entschärft.

Das Ministerium weist aber immer noch darauf hin, dass es ein »erhöhtes Festnahmerisiko« gebe. Auch vor Einreiseverweigerungen wird weiter gewarnt. Insbesondere Personen mit engen privaten und persönlichen Beziehungen in die Türkei seien seit Anfang 2017 teils ohne Angabe von Gründen abwiesen worden.

Die Bundesregierung hatte die Reisehinweise vor fast genau einem Jahr am 20. Juli 2017 als Reaktion auf die Festnahme des Menschenrechtlers Peter Steudtner erstmals drastisch verschärft. Eine konkrete Warnung vor Festnahmen in Urlaubsgebieten wurde bereits im Mai gestrichen. Die allgemeine Warnung vor Verhaftungen ist aber geblieben.

Angesichts von Terrorgefahr und Festnahmen deutscher Staatsbürger*innen war die Zahl deutscher Tourist*innen in der Türkei im vergangenen Jahr bis auf 3,6 Millionen eingebrochen. Inzwischen geht der Trend wieder steil nach oben. Die türkische Regierung hofft darauf, dass Rekordzahlen wie die von 2015 als 5,6 Millionen deutschen Tourist*innen in das Land reisten, bis Ende dieses Jahres wieder erreicht werden können.

Zu einer weiteren Entspannung der Beziehungen könnten im September und Oktober mehrere gegenseitige Besuche beider Regierungen beitragen. Ende September will der gerade wiedergewählt türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan Deutschland besuchen. Für Oktober ist eine Reise von Wirtschaftsminister Peter Altmaier nach Ankara geplant. Auch Außenminister Heiko Maas will bald seinen Antrittsbesuch in der Türkei absolvieren.

Der LINKEN-Politiker Neu warf der Bundesregierung vor, »den in ihren Augen unverzichtbaren geopolitischen Partner Türkei mit diplomatischen Samthandschuhen« anzufassen. Dagegen nehme »das Erdogan-Regime weiterhin deutsche Staatsbürger in Geiselhaft«, sagte er der Deutschen Presseagentur. »Diese Bundesregierung exekutiert den europäischen Wertebankrott.« dpa/nd

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