Wo Franz Fühmann den Kindern vorlas

Das Literatur- und Begegnungszentrum »Franz Fühmann« in Märkisch Buchholz ist am Freitag eingeweiht worden. Das Zentrum gibt es zwar in der alten Schule bereits seit fünf Jahren, doch bislang nur im Untergeschoss. Nun ist das Obergeschoss fertig geworden, wo sich künftig das Dienstzimmer der ehrenamtlichen Bürgermeisterin Bianca Urban (parteilos) befindet und wo die Stadtverordnetenversammlung tagen kann. Das kleine Rathaus hat die Kommune verkauft. Dort sind Wohnungen eingerichtet worden.

In zwei Bauabschnitten ist die alte Schule von 1910, die nach der Jahrtausendwende geschlossen wurde und lange leer stand, seit 2012 zum Literaturzentrum umgebaut worden. 1,4 Millionen Euro hat das gekostet. Ohne EU-Fördermittel wäre es nicht gegangen, und der Eigenanteil von 450 000 war nicht leicht aufzubringen, berichtet die Bürgermeisterin. Immerhin zählt Märkisch Buchholz nur 800 Einwohner. Damit ist es die kleinste Stadt Brandenburgs.

Das Zentrum beherbergt einen Jugendklub, eine Bibliothek, den Lohnsteuerhilfeverein, den Franz-Fühmann-Freundeskreis und eine kleine Ausstellung über Fühmann. Der Schriftsteller hatte bis zu seinem Tode 1984 im Ort gelebt und engen Kontakt zu den Lehrern gehalten. Die Ausstellung zeigt Briefe von Schulkindern, die Fühmann geschrieben haben, wie gut ihnen seine Geschichte »Die Suche nach dem wunderbunten Vögelchen« gefallen hat. Zur Einweihung kam auch Wolfgang Griese, der das Häuschen, in dem Fühmann zur Miete wohnte, von seinem Vater geerbt hat. Griese lebt in Hamburg und nutzt das Haus nur gelegentlich. Es steht dort noch die Wellblechgarage, die Fühmann als Arbeitszimmer nutzte. Da drin verfasste er seine Texte . Ein Auto besaß Fühmann nicht, nur ein »olles Fahrrad« mit dem er auch zu Lesungen in die Schule radelte, weiß Hans-Jürgen Oehne vom Heimatverein.

Mit »Kabelkran und Blauer Peter« schrieb Fühmann das exemplarische Werk der Kulturpolitik des Bitterfelder Weges. Arbeiter sollten zur Feder greifen, Autoren Erfahrungen in der Produktion sammeln. Homers Versepen »Ilias« und »Odyssee« erzählte Fühmann als Prosastück nach. Er liegt in Märkisch Buchholz begraben. Die Bibliothek hat ein extra Regal mit seinen Werken. Sie werden aber nicht oft ausgeliehen.

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal