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Ausnahmen und Schlupflöcher

Was die Regierung zum Schutz von Mietern plant

  • Rainer Balcerowiak
  • Lesedauer: 3 Min.

Das Bundeskabinett hat am Mittwoch die Vorlage von Justiz- und Verbraucherschutzministerin Katarina Barley (SPD) für ein neues Mieterschutzgesetz gebilligt. Im Mittelpunkt steht dabei die Verschärfung der sogenannten Mietpreisbremse, mit der Mieterhöhungen bei Neuvermietungen gedeckelt werden sollen. Ferner sieht die Vorlage vor, die Umlage von Modernisierungskosten bei acht Prozent (bisher elf Prozent) beziehungsweise drei Euro pro Quadratmeter binnen sechs Jahren zu kappen.

Das entspricht weitgehend den Festlegungen der Koalitionsvereinbarung zwischen CDU/CSU und SPD. Denn mittlerweile ist es allgemeiner Konsens, dass die ursprüngliche Mietpreisbremse, die der Bundestag am 5. März 2015 verabschiedet hatte, aufgrund zahlreicher Schlupflöcher keinerlei mietpreisdämpfende Wirkung erzielt hat.

Das soll sich nun ändern. Künftig sind Vermieter verpflichtet, dem neuen Mieter auch ohne entsprechende Anfrage den vom Vormieter verlangten Mietzins anzugeben. Falls die Neumiete die Kappungsgrenze von zehn Prozent oberhalb des Mietspiegelwertes überschreitet, muss er dies begründen. Eine höhere Miete ist zulässig, wenn es sich um einen erstmals nach dem 1. Oktober 2014 bezogenen Neubau oder einen Erstbezug nach umfangreichen Modernisierungsmaßnahmen handelt. Auch bereits zuvor erhobene überhöhte Mieten haben Bestandskraft, dürfen aber nicht zusätzlich angehoben werden.

Allerdings sieht der Entwurf keinerlei Sanktionen bei Verstößen gegen die Mietpreisbremse vor. Falls eine unzulässige Miete verlangt wird, muss der Vermieter lediglich den Differenzbetrag zurückzahlen, und zwar von Vertragsbeginn an. Und falls er der obligatorischen Auskunftspflicht nicht nachgekommen ist, entfällt der Anspruch auf eine Miete oberhalb der Kappungsgrenze generell. Der Mieter kann dann die Miete ohne weiteres Verfahren selbstständig kürzen.

Kritik an dem neuen Gesetz übten unter anderem die Oppositionsparteien und die Mieterverbände. Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt bezeichnete die Neuregelungen am Mittwoch gegenüber der Nachrichtenagentur AFP als »Farce«. Zum einen enthalte der Entwurf keine Verlängerung der Mietpreisbremse, die nach derzeitigem Stand bereits 2020 ausläuft. Außerdem sei die legale Überschreitung der Mietspiegelwerte um zehn Prozent bei Neuvermietungen viel zu hoch.

Der Deutsche Mieterbund kritisierte vor allem die nach wie vor bestehenden Ausnahmeregelungen und Schlupflöcher. Angesichts der in den vergangenen Jahren stetig explodierenden Mieten in vielen Großstädten sei es nicht hinnehmbar, dass deutlich überhöhte Vormieten bei Neuverträgen legalisiert werden. Der Deutsche Mieterbund begrüßte zwar die erweiterten Auskunftspflichten für Vermieter, sieht aber nach wie vor »die Hauptprobleme ungelöst«. Dazu zählte der Chef des Verbandes, Lukas Siebenkotten, unter anderem die Tatsache, dass die Mietpreisbremse nicht flächendeckend in Deutschland gilt. Außerdem fehle eine wirkungsvolle Sanktion für Vermieter, die sich nicht an das Gesetz halten.

Die Linksfraktion fordert die Streichung aller Ausnahmen bei der Mietpreisbremse, Sanktionen gegen Vermieter bei Verstößen und eine unbefristete, bundesweit einheitliche Gültigkeit der Bestimmungen. »Die Ausnahmen bei der Mietpreisbremse bleiben unverändert und machen das Instrument wirkungslos«, kritisierte die Linkspartei-Bundestagsabgeordnete Caren Lay. Bislang entscheiden die Bundesländer über die Einführung der Mietpreisbremse.

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