Kein Funkloch am Restloch

Mobilfunkstandard 5G soll zum Standortvorteil beim Strukturwandel der Lausitz werden

Nach den schlimmen Erfahrungen nach der Wende sei es die größte Belastungsprobe für die Lausitz. Allein mit den klassischen Mitteln der Strukturförderung lasse sich diese Belastungsprobe nicht bestehen, meint die Stiftung «Arbeit und Umwelt». Sie gehört zur Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie.

Die Rede ist vom klimapolitisch bedingten Auslaufen der Stromerzeugung aus Braunkohle. Noch sorgen Tagebaue und Kraftwerke für vergleichsweise sichere, vergleichsweise gut bezahlte Arbeitsplätze - rund 8000 sind es. Nicht mitgerechnet sind dabei die Jobs in den Geschäften, in denen die Kohlekumpel einkaufen, in den Kinos, die sie besuchen, in den Autohäusern und Autowerkstätten, in denen sie sich einen fahrbaren Untersatz kaufen und bei Bedarf reparieren lassen. Die Dienstleistungen hängen an der Industrie. Längst ausgeträumt ist der Traum von der reinen Dienstleistungsgesellschaft. Er hatte zur Jahrtausendwende in neoliberalen Kreisen Konjunktur, sollte eine tröstliche Vision sein, als große Unternehmen ihre Produktion zur Kostensenkung ins Ausland verlagerten.

Die Lausitz braucht Industrie. Wenn es keine Tagebaue mehr gibt, muss etwas anderes an ihre Stelle treten. Es braucht Anreize für die Ansiedlung von Gewerbe, die über das heutige Maß hinausgehen. Einmalige Finanzspritzen reichen nicht aus. Welche Konzepte versprechen Erfolg? Mit dieser Frage befasste sich am Dienstag eine Standortkonferenz der Stiftung «Arbeit und Umwelt» im Lindner-Congresshotel Cottbus.

Zur Eröffnung sagte der Gewerkschaftsvorsitzende Michael Vassiliadis: «Wir brauchen Rahmenbedingungen, die es globalen Investoren leichtmachen, sich für die Lausitz anstelle irgendeiner anderen Region zu entscheiden.»

Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) sagte: «Die Region hat viel Potenzial und entscheidende Standortvorteile, die eine Ansiedlung lohnenswert machen. Dazu gehört eine gute Verfügbarkeit von Flächen für Ansiedlungen, die Anbindung an die umliegenden Metropolräume Berlin, Leipzig, Dresden und die Nähe zu Polen sowie viele gut ausgebildete Fachkräfte. Unsere Wirtschaftsförderung und die Investitionsbank bieten beste Unterstützung.» Die Infrastruktur müsse sich jedoch weiter verbessern. Deshalb warb Woidke für den zweigleisigen Ausbau der Bahnstrecke Lübbenau-Cottbus, um eine schnellere Anbindung an Berlin zu erreichen. Einen Standortvorteil könnte die Lausitz erhalten, wenn sie beim Ausbau des Mobilfunkstandards 5G vorrangig behandelt wird, meinte Woidke. Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) sekundierte ihm, dass dies eine konkrete Maßnahme für den Strukturwandel wäre.

Derzeit ist die vierte Mobilfunkgeneration 4G die aktuellste Variante zur Übertragung von Datenmengen. Die 5G-Technik, die schnellere Übertragungsraten erlaubt, befindet sich noch in der Vorbereitungsphase. Ministerpräsident Woidke forderte die großen Telekommunikationsunternehmen auf, «endlich den Netzausbau intensiv voranzutreiben». Er sagte, Mobilfunk dient nicht nur dazu, Geld zu verdienen, sondern ist auch eine gesellschaftliche Aufgabe.«

Die Braunkohle hat einem bitterarmen Agrarland vor mehr als 100 Jahren einen bescheidenen Wohlstand beschert und insbesondere in der DDR für Arbeit und Brot gesorgt. 1990 arbeiteten 130 000 Beschäftigte in Tagebauen und Kraftwerken. Nach Massenentlassungen sind die noch vorhandenen Reste der Kohleindustrie kläglich zu nennen. Das soll aber nicht heißen, dass diese Reste bedeutungslos sind.

»Industriearbeitsplätze in der Lausitz müssen durch Industriearbeitsplätze ersetzt werden.« Hinter diese Aussage stellte sich Brandenburgs Linksfraktionschef Ralf Christoffers.

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