Ostdeutschland
Wenn nicht alles so tragisch wäre, müsste man eigentlich anfangen, laut zu lachen. Der Pegida-Demonstrant mit modischem Deutschlandhut entpuppt sich als LKA-Mitarbeiter, der sächsische Ministerpräsident will keine Hetzjagden in Chemnitz gesehen haben, und nun schickt sich auch noch die AfD an, stärkste Kraft in den neuen Bundesländern zu werden. All das ist eigentlich unfassbar - Sachen, die man sich nicht ausdenkt. Ist das Gebiet, auf dem vor gar nicht allzu langer Zeit der einzige sozialistische Staat auf deutschem Boden existierte, ein »failed state«? Muss man den Osten aufgeben? Alles Wutbürger, Nazis und gekränkte Querulanten? Die ununterbrochen hässlichen Bilder, die uns in den letzten Wochen aus Chemnitz, Köthen und Co. erreichten, deuten sehr darauf hin. Doch ist dieses Ost-Bashing deutlich zu kurz gegriffen. Zwar habe sich das Gefühl, »Opfer zu sein, über die Jahre offenbar zu einem Bestandteil ostdeutscher Identität verfestigt«, wie der »Spiegel« schreibt, doch liegt dieses Ressentiment nicht im Charakter der Ostdeutschen, sondern in den gesamtgesellschaftlichen Verhältnissen. Rassist ist man nicht qua Geburt, sondern wird es - das gilt für die neuen wie für die alten Bundesländer. Das Problem an Ostdeutschland ist somit nicht in erster Linie das »Ost«, sondern wie so oft das »Deutschland«. chw
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