Werbung für Welterbetitel

Börteboote steuern das Berliner Kanzleramt an

  • Dieter Hanisch
  • Lesedauer: 3 Min.

Ganz Helgoland drückt die Daumen und fiebert mit ihnen: Die Hochseeinsel hofft, dass ihre Börteboote den Stempel eines immateriellen Kulturgutes der UNESCO zuerkannt bekommen. Um die Werbetrommel dafür zu rühren, haben sich mehrere dieser kleinen Holzboote nun auf den Weg nach Berlin gemacht, wo sie am 3. Oktober vor dem Bundeskanzleramt anlegen möchten. Am Freitag umrundeten sie auf dem Weg dahin erst einmal die Hamburger Elbphilharmonie.

Es gibt diese kleinen Boote seit Anfang der 1950er Jahre. 25 Millionen Besucher sind seither bereits mit ihnen befördert worden. Im Vergleich zu den Fahrgastschiffen im Helgoland-Verkehr wirken die zehn Meter langen und drei Meter breiten Transportvehikel für 48 Passagiere wie kleine Nussschalen. Elf Stück von ihnen sind noch regelmäßig im Einsatz, um Helgoland-Besucher aus Büsum, Cuxhaven oder Bremerhaven die letzte Strecke aus- und wieder einzubooten, weil die Ausflugsschiffe wegen zu großen Tiefgangs nicht direkt auf der Insel anlanden können. »Was die Gondeln für Venedig sind, sind die Börteboote für uns«, sagt Helgolands Tourismusdirektor Lars Johannson. »Sie gehören wie die Lange Anna einfach zu uns«, skizziert er das Bild eines Wahrzeichens.

Am 11. und 12. Oktober steht die Bewerbung auf der Themenliste der Kultusministerkonferenz in Berlin. Um der eigenen Bedeutung Nachdruck zu verleihen, will Helgoland sich unmittelbar in der Bundeshauptstadt blicken lassen. Statt E-Mail-Schriftverkehr, Telefonate, Werbefilmchenpräsentation also ein Direktbesuch. Das wird wohl die längste Reise in der Geschichte der Boote. In ihrem Hochseealltag ist der aktuelle Trip eine Abwechslung. Zum jährlichen Hafengeburtstag in Hamburg ist man immer wieder geschippert, doch nun geht es doch noch ein gehöriges Stück weiter landeinwärts. Die Reiseroute führt ein wenig zick-zack bis zum Berliner Wannsee und von dort abschließend ins Regierungsviertel.

Die Boote, die mit Blick auf ihre Tradition auch im Fischfang eingesetzt wurden, genügen in den Augen der internationalen Seeschifffahrtsberufsgenossenschaft nicht mehr den aktuellen Sicherheitsstandards. Neubauten werden so nicht mehr genehmigt. Die existierenden, bis 1974 gebauten Wasserfahrzeuge genießen aber Bestandsschutz.

Für den Erhalt der nur noch wenigen Boote hat sich 2014 ein Förderverein gebildet. Für diesen wäre es von unschätzbarem Wert, sollten die Börteboote das Weltkulturerbesiegel bekommen. Die Auszeichnung ist zwar mit keinem Preisgeld versehen, doch könnte sie neues Touristeninteresse wecken. Der zuletzt am 30. Juni verliehene Welterbestatus für die Wikingerstätte Haithabu von Schleswig hat dem dortigen Museum binnen kurzer Zeit einen regelrechten Besucheransturm beschert.

Von dem zehn Boote umfassenden Reisetross gen Berlin gehören nur zwei zum Heimathafen Helgoland. Die übrigen Börteboote haben ebenfalls eine gemeinsame Geschichte mit der Hochseeinsel, doch inzwischen andere Besitzer in Cuxhaven, Glückstadt, Hamburg oder Uelzen gefunden. Am 3. Oktober laden sie alle zu kleinen Spritztouren ausgehend vom Schiffbauerdamm ein.

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