Angekommen bei den Zahlen
Tim Kahlau hat sich vom Praktikanten zum geschätzten Zahlenaufpasser hochgearbeitet
Vom Flur ruft ein freier Autor, der zu Besuch ist, einen Gruß ins Büro von Tim Kahlau. Der hebt die Hand, grinst und ruft zurück, man kennt sich seit Jahren. Tim Kahlau war beim »nd« eine Weile für die Gehälter der freien Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zuständig. Hier hat der Berliner aus Prenzlauer Berg einen Beruf gefunden, der ihm enorm Spaß macht. Das war nach dem Abitur gar nicht so sicher. Er begann und schmiss ein Geografiestudium, war Praktikant in der Schlosserei der Volksbühne, war aber »nirgendwo so richtig angekommen«, wie er sagt.
Was der junge Mann jedoch wusste: Auf die Verlagsbranche hat er Lust, das liegt in der Familie. Kahlaus Mutter und Schwester sind Lektorinnen, sein Vater ist Journalist und Schriftsteller. 2006, mit 24 Jahren, bekam er den Tipp einer ehemaligen Kollegin der Mutter: Versuch’s doch mal mit einem Praktikum beim »nd«, um reinzukommen in die Verlags- und Zeitungsarbeit. Das klappte, und während seines Praktikums schrieb die Zeitung eine Ausbildungsstelle aus, Medienkaufmann für Digital- und Printmedien. Der Praktikant wurde Lehrling und gleich danach Kreditorenbuchhalter. Um Lieferanten und die Honorare der freien Autoren und Autorinnen kümmerte er sich nun. Aber »man sucht ja die Herausforderung«, sagt Tim Kahlau in seinem kleinen, aufgeräumten Büro.
So ging er zum damaligen Geschäftsführer Olaf Koppe, ob er sich weiterbilden könne. »Die haben mich sehr unterstützt«, sagt er, die Geschäftsleitung und seine Abteilung, als er viereinhalb Jahre parallel zur Arbeit für sein BWL-Fernstudium an der FH Wismar büffelte. Seine Diplomarbeit schrieb er über das »nd«: Die Stärken, Schwächen, Chancen und Risiken der Zeitung am Markt schaute er sich an. 2017 dann machte der Mittdreißiger eine Elternzeitvertretung und war somit Leiter der Buchhaltung. Mittlerweile kümmert er sich um die Gehälter der Mitarbeitenden und die Buchhaltung anderer Firmen, die auch am Franz-Mehring-Platz sitzen. Dafür ist er viel in der Redaktion unterwegs, auf den Gängen läuft er einem mit freundlicher Miene entgegen.
Nach zwölf Jahren im Betonbau beim Ostbahnhof sagt er: »Ich hänge an diesem Laden.« Von Bekannten höre er immer wieder Geschichten über die harte und teils unmenschliche Arbeitswelt. »Da weiß ich, was ich hier habe, das Miteinander gefällt mir.« Auch wenn er als Buchhalter manchmal anderen streng auf die Finger schauen müsse. Denn in diesem Job »bist du an viele Vorschriften gebunden - das ist manchmal nicht ganz einfach, die hier durchzusetzen«. Seiner Beliebtheit tut das keinen Abbruch, der Zahlenmeister wird als zuverlässiger, angenehmer und immer ansprechbarer Kollege geschätzt. Wenn er sich nicht um Zahlen kümmert, trifft er sich oft mit Freunden und Freundinnen, das ist ihm wichtig. Oder er reist durch die Welt, in China, Vietnam und Südafrika war er schon unterwegs. Seine nächste Reise beginnt erst einmal gemütlich auf Rügen - und endet in Beirut im Libanon.
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