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Britisches Wunschdenken
Simon Poelchau zur angeblichen Einigung bei den Brexit-Verhandlungen über einen Zugang der Londoner Banken zum EU-Markt
Für den Finanzplatz London wäre es zu schön gewesen, um wahr zu sein: Man habe im Rahmen der Brexit-Verhandlungen eine Einigung für den Zugang britischer Banken zum EU-Markt erzielt, meldete die Zeitung »The Times«. Doch aus obersten EU-Kreisen kam schnell ein Dementi.
Es wäre auch sehr verwunderlich und ein Riesenerfolg für London gewesen, hätte Brüssel in den derzeit festgefahrenen Verhandlungen einfach so einen seiner wichtigsten Trümpfe aus der Hand gegeben. Denn mit einem Austritt Großbritanniens aus der EU stehen vor allem im Londoner Bankensektor, der eine nicht zu unterschätzende Rolle für die gesamte britische Wirtschaft spielt, Tausende Jobs auf dem Spiel. So verlagern die international agierenden Banken ihre Sitze reihenweise aus London in Städte wie Luxemburg, Paris oder Frankfurt am Main, um auch nach dem Brexit Zugang zum EU-Markt zu haben. Die Hessische Landesbank etwa prognostizierte jüngst, dass in der Mainmetropole aufgrund des Brexits mindestens 8000 Finanzjobs entstehen werden. Das sind 8000 höchstbezahlte Jobs, die folglich in London fehlen werden.
Insofern zeugt die Meldung über eine angebliche Einigung von britischem Wunschdenken statt vom wirklichen Stand der Verhandlungen.
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