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Weiterbetrieb von Tihange 1 ist ein »nicht akzeptables Risiko«

Atomexperte Manfred Mertins: Technik erfülle nicht die mehr die aktuellen Anforderungen / Modernisierung würde sich finanziell nicht lohnen

  • Lesedauer: 2 Min.

Brüssel. Der deutsche Atomexperte Manfred Mertins hat die Abschaltung des ältesten belgischen Atomreaktors Tihange 1 gefordert. Der Weiterbetrieb der Anlage stelle »ein nicht akzeptables Risiko für Umwelt und Menschen« dar, sagte Mertins am Donnerstag im Europaparlament in Brüssel. Die deutsche Grünen-Abgeordnete Rebecca Harms hatte bei Mertins eine Studie zu den Risiken des Weiterbetriebs des Reaktors in Auftrag gegeben.

Der Zustand der belgischen Atomkraftwerke ist immer wieder Gegenstand von Kritik. Aktuell sind sechs von sieben Reaktoren wegen dringender Wartungsarbeiten und baulicher Mängel außer Betrieb, darunter auch Tihange 1. Nächste Woche soll der über 40 Jahre alte Reaktor aber wieder ans Netz gehen.

Mertins attestierte der Anlage erhebliche Mängel. Tihange 1 sei einer der ältesten Atomreaktoren weltweit und nach den sicherheitstechnischen Grundsätzen der 1970er Jahre gebaut worden, sagte der Experte. Die Systemtechnik erfülle nicht die Anforderungen des modernen belgischen Regelwerks. Auch das als Ausgleich gedachte Notstandssystem könne diese Lücke nicht füllen.

Nachbesserungen schloss der langjährige Mitarbeiter der deutschen Gesellschaft für Anlagen- und Reaktorsicherheit (GRS) aus: Aus finanzieller Sicht sei es undenkbar, »die Anlagen auf halbwegs den Zustand zu bringen, der heute gefordert wird«. Denn dafür müsste eine neue Sicherheitsumschließung um die gesamte Anlage gebaut werden.

Außerdem erfülle der Standort des Akw nicht die heutigen Schutzanforderungen gegen Erdbeben, Überschwemmungen und Flugzeugabstürze, sagte Mertins. »Das betrifft im Übrigen nicht nur Tihange 1 sondern auch die anderen beiden Reaktoren des Akw«, fügte er hinzu.

Der Experte erhob Vorwürfe gegen den Betreiber des Kraftwerks Tihange. Die deutliche Häufung von Zwischenfällen seit 2014 »lässt deutliche Zweifel an der Betriebsführung von Tihange 1 zu«, sagte Mertins. Die beiden belgischen Akw Tihange und Doel werden von der Tochterfirma Electrabel des französischen Energieriesen Engie betrieben.

Die Bundesregierung und die Landesregierung von Nordrhein-Westfalen dringen schon lange auf eine Stilllegung des grenznahen Kraftwerks Tihange. Für die belgische Stromversorgung hat die Atomenergie nach wie vor einen sehr hohen Stellenwert. Mehr als die Hälfte des in Belgien produzierten Stroms kommt aus Tihange und Doel. AFP/nd

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