Gesetze schon im Entwurf nachlesbar
Praxis aus der letzten Legislatur wird fortgesetzt
Die Bundesregierung hat beschlossen, Gesetzentwürfe und die dazu eingereichten Stellungnahmen von Verbänden auch künftig öffentlich zu machen. Auf seiner letzten Sitzung entschied das Kabinett am Freitag, die Entstehung von Gesetzen wie bereits in der letzten Wahlperiode auf diese Weise nachvollziehbarer zu machen. Jan Korte, Erster Parlamentarischer Geschäftsführer der LINKEN im Bundestag, hatte mehrere Anfragen dazu an die Regierung gestellt und sieht sich nun in seinem Anliegen bestätigt. Es gehe um viel, sagt Korte gegenüber »nd«. Die Bevölkerung und die Abgeordneten hätten ein Recht darauf zu wissen, wer Einfluss auf Gesetzesvorhaben nimmt und an welcher Stelle eines Gesetzentwurfs das geschehen ist.
In der letzten Wahlperiode hatte die Große Koalition eine solche Regelung eingeführt - 2017 und wohl unter dem Eindruck der nahenden Bundestagswahl. Die Kampagne von GläserneGesetze, FragDenStaat.de und abgeordnetenwatch.de hatte in kürzester Zeit rund 1600 Anfragen von Bürgern an die Regierung nach Gesetzentwürfen und den entsprechenden Stellungnahmen dazu hervorgebracht, die sich alle auf das Informationsfreiheitsgesetz beriefen. Die Bundesregierung beschloss, sämtliche Gesetze zu veröffentlichen, um der Bearbeitung Tausender Dokumente zu entgehen.
Dass die Entstehung von Gesetzen nun nachvollziehbarer wird, ist ein Erfolg dieser Organisationen. Und der ist sichtig. Immer wieder findet der Vorwurf neue Nahrung, die Regierung lasse sich von Lobbyisten aus der Wirtschaft die Feder führen. Jüngstes Beispiel sind »Lieblingsberater«, die ohne parlamentarische Kontrolle in einem dubiosen Vergabesystem Einfluss auf die Entscheidungen des Bundesverteidigungsministeriums nehmen. Der Bundesrechnungshof hatte den Vorwürfen Gewicht verliehen. Die Opposition im Bundestag fordert derzeit Aufklärung.
Auch der Verdacht, dass die Regierung sich bei der Berücksichtigung von Stellungnahmen, die ihrer Natur nach ja der Versuch von Einflussnahmen sind, nicht unvoreingenommen verhält und wohlgefällige Urteile den kritischen vorzieht, liegt nahe. Jan Korte bleibt daher skeptisch: »Selbst für eine solch kleinmütige Entscheidung, die Stellungnahmen im Internet zu veröffentlichen, hat diese Regierung fast ein ganzes Jahr gebraucht. Erst nach mehrfachen Nachfragen bequemte sie sich zu einer Befassung mit diesem Thema.« Korte fordert, die Veröffentlichung künftig im Sinne eines legislativen Fußabdrucks dauerhaft in der Gemeinsamen Geschäftsordnung der Bundesministerien festzuschreiben, anstatt jede Wahlperiode erneut monatelang darüber zu brüten. Außerdem sei ein verpflichtendes Lobbyregister dringend nötig.
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