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  • Landtagswahl Sachsen 2019

Die Basis macht Gebhardt zum Boss

Sachsens LINKE-Fraktionschef bei Mitgliederentscheid zum Spitzenkandidaten für Landtagswahl 2019 gewählt

  • Hendrik Lasch
  • Lesedauer: 3 Min.

Dresden. Als die Sachsen im August 2014 den derzeitigen Landtag wählen durften, machte kaum die Hälfte von ihrem Wahlrecht Gebrauch: Bei 49,1 Prozent lag die Wahlbeteiligung, ein historisches Tief. Den Wert hat die LINKE im Freistaat bei ihrem ersten Mitgliederentscheid, der den Spitzenkandidat für die Landtagswahl am 1. September 2019 bestimmen sollte und am Samstag zu Ende ging, übertroffen: Gut jedes zweite Mitglied schickte die Unterlagen zurück. Von den 7757 Genossen im Land, die, wie es hieß, »erreichbar und abstimmungsfähig« waren, beteiligten sich immerhin 4052 - was einer Quote von 52,24 Prozent entspricht. Allerdings zeigte sich auch, dass das Prozedere neu ist und es noch ein wenig an Übung fehlt: 483 Briefen kamen unvollständig zurück, weil zum Beispiel der Abstimmungsschein fehlte. 3569 Mitglieder gaben gültige Stimmen ab.

Deren Votum indes war eindeutig: 88,7 Prozent sprachen sich dafür aus, dass Rico Gebhardt, der Fraktionschef im Landtag, die Partei erneut in eine Landtagswahl führt. Es gab 206 Neinstimmen und 198 Enthaltungen. Antje Feiks, die Landesvorsitzende, sprach von einem »famosen Ergebnis« und »mächtig Rückenwind« für den Wahlkampf. Das Ergebnis sei zudem Indiz für die Geschlossenheit der Partei in Sachsen.

Die Idee für den Mitgliederentscheid, der unter dem Motto »Basis ist Boss« gestanden hatte, war nicht zuletzt entstanden, weil es um diese Geschlossenheit zeitweise nicht unbedingt zum besten bestellt zu sein schien. Vor einem Jahr wurde in der Landespartei ein neuer Vorsitzender gewählt. Der langjährige Amtsinhaber Gebhardt hatte Feiks vorgeschlagen; kurz vor Bewerbungsschluss warf überraschend auch der von einer bemerkenswerten innerparteilichen Allianz unterstützte Dresdner André Schollbach den Hut in den Ring - wenn auch ohne Erfolg. Feiks sagte später, man wolle mit der Kür per Basisentscheid »alte Muster« von Absprachen in Hinterzimmern aufbrechen, und ermunterte zu Kandidaturen: »Wir wünschen uns sehr, das alle aus der Deckung kommen.«

Weil das aber nicht passierte, stand am Ende doch nur der Name von Gebhardt auf dem Wahlschein. Das Ergebnis für den 55-jährigen gebürtigen Erzgebirger bei der Basisbefragung liegt immerhin klar über den 64,4 Prozent, mit denen er vor fünf Jahren auf einem Parteitag zum Spitzenkandidaten gewählt wurde. Feiks hatte dazu gesagt: »Wir schaffen es oft nicht, Bewerber mit einem überzeugenden Votum auszustatten.« Das ist diesmal anders. Allerdings ist das Votum noch nicht abschließend. Zwar wurde in der Partei bisher betont, dass der Basisentscheid den Stellenwert eines Parteitagsbeschlusses habe. Trotzdem muss eine Vertreterversammlung darüber noch einmal formal abstimmen. Landesgeschäftsführer Thomas Dudzak begründet das mit verschiedenen »Rechtsräumen« von Parteien- und Wahlgesetz. Die offizielle Nominierung soll am Samstag bei einem Parteitag in Radebeul stattfinden. Die Versammlung, auf der Sachsens LINKE dann die weitere Landesliste bestimmt, findet am 13. und 14. April 2019 statt.

Weiteres Thema in Radebeul werden die Ergebnisse einer zweiten Mitgliederbefragung sein, in der es um programmatische Schwerpunkte für die Landtagswahl ging. Dabei konnten die Teilnehmer ihre Favoriten unter 15 zur Auswahl gestellten Thesen küren. Zu den acht so bestimmten Schwerpunkten gehören der Kampf um ein weltoffenes Sachsen sowie der gegen Altersarmut und gegen Billiglöhne, die Verbesserung der medizinischen Versorgung, Barrierefreiheit und bezahlbares Wohnen. Nicht unter den Favoriten landeten Thesen etwa zu kostenlosem Nahverkehr, für mehr Bürgerbeteiligung sowie stärkere kommunale Selbstverwaltung. Die 15 zur Auswahl gestellten Thesen hatte ein Gremium aus insgesamt 156 Vorschlägen ausgewählt.

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