Boule: Dank Ikea nun noch beliebter
In Kreuzberg wird für die deutsche Pétanque-Meisterschaft eine Straße mit Kies zugeschüttet
Hempel: Boule ist nur der Oberbegriff, es wird Pétanque gespielt, und zwar Triplette: in Dreier-Mannschaften.
Wie viele Mannschaften sind dabei und rechnen Sie mit einem Zuschauerandrang?
128 Teams sind nach bundesweiten Vorqualifikationen in Berlin am Start. Wir hoffen, dass zu den Finals 500 bis 1000 Zuschauer an die 64 Bahnen kommen. Nur das Wetter muss passen. Der Eintritt ist frei. Wir spielen diese Meisterschaft mitten in der Öffentlichkeit aus - am Paul-Lincke-Ufer und in der Forster Straße.
Sie spielen auch auf der Straße?
Ja. Die wird extra für uns gesperrt. Freitagfrüh wird der Kies geliefert. Dann stehen 20 Leute vom Verein mit Schubkarren und Schippen da und schütten die Straße auf. Es kommt eine drei bis vier Millimeter dicke Schicht auf den Asphalt. In Frankreich wird das auch so gemacht. Und Sonntagabend wird alles wieder zusammengekehrt.
Wie viele Leute spielen denn Pétanque in Deutschland?
Organisiert etwa 15 000. Aber in der Freizeit sind es viel mehr. Boule ist seit ein paar Jahren relativ populär in Deutschland.
Warum? Weil man Rotwein dabei trinken darf oder eine schwarze, filterlose Zigarette raucht?
Das darf man schon eine Weile nicht mehr laut Reglement. Seit Neuestem unterstehen wir auch der NADA, das heißt, wenn Sie beim Training einen Schluck Rotwein trinken, könnten Sie deswegen sogar gesperrt werden.
Sie waren schon mehrfach Dublette- und Triplette-Meister: Unangekündigte Kontrollen gab es aber bisher wohl noch nicht, oder?
Nein, nein (lacht). Aber: Für mich ist Boule ein ernsthafter Sport, für den man Fitness, körperliche Voraussetzungen und Talent haben muss. Für andere ist es eben ein Spiel für die Freizeit: Man lernt neue Leute kennen, ist an der frischen Luft, spielt und unterhält sich. Seitdem vor ein paar Jahren Aldi oder Ikea anfingen, billigere Kugeln zu verkaufen, kommen immer mehr Leute mit ihren Holzköfferchen zu uns in den Verein. Bei schönem Wetter sind bis zu 150 Leute auf dem Platz. Das wird fast schon zu eng.
Wie gut sind denn die deutschen Pétanquespieler in der Welt?
Die besten Spieler gibt es immer noch in Frankreich, ein paar gute auch in Belgien oder in Thailand.
Und die Deutschen?
Die liegen so in der Mitte - mal besser, mal schlechter. Die besten Deutschen gibt's in zehn Tagen in Kreuzberg zu beobachten.
Gespräch: Jirka Grahl
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