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Fortschrittsfalle
Uwe Kalbe über den Entwurf zum Fachkräfteeinwanderungsgesetz
Der Entwurf ist noch nicht Gesetz, und aus der Union, also der Koalition selbst, kommen bereits Änderungswünsche. Gleichwohl ist das Fachkräftezuwanderungsgesetz, vor wenigen Jahren noch unvorstellbar, Beleg einer erstaunlichen Veränderung. Mit ihm erleidet nationale Engstirnigkeit eine Niederlage. Die mit spitzen Fingern in ein zweites Gesetz ausgelagerte Beschäftigungsduldung integrierter Flüchtlinge zeigt zugleich, wie verschwiemelt der Umgang von Konservativen mit dem Thema bleibt, die sich mit einem »Spurwechsel« nicht anfreunden konnten.
Andererseits liegt im Fortschritt auch Gefahr. Klar sollte sein: Allein um die Bedürfnisse der Wirtschaft geht es bei der Fachkräftezuwanderung. Nicht um die von Arbeitsuchenden, erst recht nicht um menschenrechtliche Motive von wem auch immer. Die möglichst reibungslose, das heißt auch von nationalen Grenzen unbehelligte Behebung eines Arbeitskräftebedarfs ist das Ziel. Doch 1,6 Millionen Menschen in Deutschland, die ohne Erstberufsabschluss vergessen und ignoriert sind, stehen den hier offenen Stellen gegenüber. Und wenn dank neoliberal umgebauter Wirtschaft der Niedriglohnbereich niedrig entlohnt bleibt, sind auch ausländische Arbeitskräfte ein Mittel, dieses System am Leben zu erhalten. Sie sind Nachschub für eine absichtsvoll in Stellung gebrachte Konkurrenz.
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