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Mit Bodenreform wieder ins Gespräch kommen
Die bayerische SPD trifft sich am Wochenende zum Landesparteitag
Die bayerische SPD noch als Volkspartei zu bezeichnen, käme einem schlechten Witz gleich. Gerade einmal 9,7 Prozent der Bürger haben ihr bei der Landtagswahl im Oktober für sie gestimmt – ein Ergebnis, das die schlimmsten Erwartungen übertraf. Die einst stärkste Oppositionspartei verlor dadurch im Münchener Parlament 20 Sitze, für künftige Wahlen ist das Scheitern an der Fünf-Prozent-Hürde kein abwegiges Szenario mehr.
Es gibt also allen Grund für Katastrophenstimmung, wenn sich die Sozialdemokraten am Wochenende zum Landtagsparteitag treffen. Natascha Kohnen, Landesvorsitzende und glücklose Spitzenkandidatin, wird sich in Bad Winsheim erneut zur Wahl stellen. Einen Gegenkandidaten gibt es bislang nicht; ihre Bestätigung gilt als relativ sichere Sache. Für Kohnen wird es dennoch ein schwieriger Termin: In Mittelfranken wird sie immerhin zum ersten Mal seit dem Wahldesaster erklären müssen, wie sie die Partei aus der Misere führen will. An Selbstkritik wird da kein Weg vorbeiführen, zumal etliche Genossen Kohnen für das schlechte Abschneiden im Herbst in der Verantwortung sehen. Schließlich haben die Spitzenkandidatin und andere an der SPD-Landesspitze nicht gerade geglänzt: Im Wahlkampf kamen sie teilweise überhaupt nicht vor, es gelang ihnen nicht, Themen zu setzen.
Doch den Blick auf die Person Kohnens zu verengen, würde der Realität nicht gerecht. Denn das gesamte Wahlkampfteam hat sich schwere taktische Fehler geleistet, die von einer erstaunlichen Unkenntnis gegenüber der politischen Realität im Land zeugten. In der Münchner Parteizentrale wird traditionell der Wahlkampf geplant und koordiniert, meist unter Mitwirkung einer Agentur. Es gab unter anderem die Veranstaltungsreihe »Kohnen plus«: Unter diesem Label führte die SPD mehrere Gesprächsrunden durch, um angeblich Input der Bürger aufzunehmen. Das Ziel: Im kleinen Rahmen sollte Kohnen über ihre Themen sprechen – seriös und kompetent, persönlich und nahbar. Tatsächlich aber mobilisierte man damit überwiegend Menschen, die die SPD sowieso wählen. Einen echten Dialog, geschweige denn eine öffentliche Debatte konnten sie nicht auslösen. Auch sonst war Kohnen kaum in der breiten Öffentlichkeit präsent, eine großer Auftritt fand schlicht nicht statt. Vielmehr führte man führte einen Wahlkampf, der ganz auf überzeugte Sozialdemokraten zugeschnitten war, nicht auf Unentschiedene.
Gleichwohl gab es auch viele Faktoren, die nicht der Spitzenkandidatin und dem Wahlkampfteam angelastet werden können, allen voran die erneute Regierungsbeteiligung der SPD im Bund, die Kohnen deutlich kritisiert hatte. Denn nach der Bundestagswahl, bei der die Sozialdemokraten bereits auf 20,5 Prozent abgestürzt waren, hatten sie zunächst versprochen, in die Opposition gehen zu wollen. Auch der erstaunliche Höhenflug der Grünen auch in Bayern dürfte die SPD etliche Stimmen gekostet haben. Gleichwohl deutet einiges darauf hin, dass man in der SPD-Landeszentrale nicht das nötige Gespür für Themensetzung und Taktik besitzt.
Bleibt abzuwarten, wohin sich die Partei künftig orientieren wird und ob sie künftig etwa mit Vorschlägen wie den vergangene Woche präsentierten für eine »soziale Bodenreform«, einen bayerischen Mindestlohn von 11,72 Euro und »sozialen Klimaschutz« wird punkten können. Kohnen hatte nach Abschluss der Winterklausur der SPD-Landtagsfraktion am 17. Januar die Schaffung eines Bodenstrukturfonds gefordert, mit dem insbesondere finanzschwache Kommunen die Möglichkeit bekommen sollen, für den Bau bezahlbarer Wohnungen Flächen zu kaufen. Es sei die Pflicht des Freistaats, seine Flächen den Kommunen zu »sozialen Preisen« anzubieten, so Kohnen.
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