Rechte Kampagne gegen Journalisten

Wie rechte Websiten einen NDR-Volontär gezielt in Misskredit bringen wollen

  • Robert D. Meyer
  • Lesedauer: 3 Min.

Sebastian Friedrich macht kein Geheimnis daraus, für welche Medien er in der Vergangenheit gearbeitet hat. Auf seinem Twitterprofil @formelfriedrich listet der Journalist seine wichtigsten früheren und aktuellen Arbeitgeber auf. Insofern ist es bemerkenswert, dass die rechte Wochenzeitung »Deutschland Kurier« am Mittwoch in marktschreierischer Manier auf ihrer Website schreibt, mit Friedrich berichte ein »Antifa-Mitglied« als »ARD-Reporter« für die »Tagesschau« über die AfD. Schon länger gehört es zum Sprachbaukasten der Rechten, zu behaupten, es gebe irgendwo einen mysteriösen Verein namens Antifa, in dem man Mitglied werden könnte.

Im eigentlichen Text muss Autor Christian Jung seine knackige Klicküberschrift dann auch relativieren. Im Stil einer investigativen Recherche wird von Jung angeführt, Friedrich sei Mitglied der Redaktion bei der linken Monatszeitung »analyse und kritik« (ak). Diese Information ist allerdings kein Geheimnis, denn jeder kann sie auf der privaten Website Friedrichs nachlesen. Dort steht auch, dass der Journalist seit August 2017 ein Volontariat beim NDR absolviert.

Wie der »Deutschland Kurier« sich eine »Antifa-Mitgliedschaft« des Journalisten konstruiert, ist interessant. Jung schreibt, das »ak«-Magazin verstehe sich als Teil der »Interventionistischen Linken« (IL), folglich sei Friedrich auch Teil dieser Gruppe.

Gegenüber taz.de weist »ak«-Redakteur Jan Ole Arps den Vorwurf zurück. Als linke Zeitung berichte man über linke Bewegungen, also logischerweise auch über die IL. »Wir sind allerdings dort kein Mitglied.« Auch Friedrich erklärt, er sei persönlich nie Mitglied der Gruppe gewesen.

Angeblicher Beleg des »Deutschland Kuriers« ist ein Zitat aus einem Buch des sogenannten Extremismusforschers Eckard Jesse aus dem Jahr 2018, wonach sich die »ak« als Teil der Interventionistischen Linken »versteht«. Von einer Mitgliedschaft in einem der wichtigsten Netzwerke der außerparlamentarischen Linken steht dort allerdings nichts.

Andere rechte Medien, darunter das völkische »Compact«-Magazin und der Blog »Politically Incorrect«, hielt die dünne Faktenlage nicht davon ab, die Geschichte über Friedrich, der auch mehrfach für »neues deutschland« geschrieben hat, weiterzuverbreiten. Auch den Medienskandal während des G20-Gipfels 2017 in Hamburg deuteten die rechten Portale zum angeblichen Beleg für Friedrichs Aktivitäten als »Linksextremisten« um.

Friedrich war einer von insgesamt 32 Journalisten, denen mittels fragwürdiger Begründungen eine Akkreditierung verweigert worden war. Doch weder, dass der heutige NDR-Volontär nicht der einzige Medienvertreter war, dem der Zutritt zum G20-Gipfel verwehrt wurde, ist dem »Deutschland Kurier« eine Erwähnung wert, noch die Tatsache, dass gegen die Entscheidungen noch immer Gerichtsverfahren laufen und involvierte Behörden bereits Fehler einräumen mussten.

Viele Kollegen von Friedrich äußerten sich am Donnerstag solidarisch mit dem Journalisten, darunter Medienschaffende des »Bayerischen Rundfunks«, der »Frankfurter Rundschau«, der »taz« und des »nd«.

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