Ausschluss von Orbans »Fidesz« nicht mehr abwegig

Weber: »Alle Optionen liegen auf dem Tisch« / Europäische Volkspartei könnte am 20. März über Ausschluss abstimmen

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Brüssel. Der Spitzenkandidat der Europäischen Volkspartei (EVP) bei der Europawahl, Manfred Weber (CSU), verneint einen möglichen Ausschluss der Fidesz-Partei des ungarischen Regierungschefs Viktor Orban nicht mehr. »Alle Optionen liegen auf dem Tisch«, sagte Weber dem »Spiegel«. Innerhalb der EVP werde darüber derzeit gesprochen, so Weber.

Orbans nationalkonservative Regierung hatte vergangene Woche eine despektierliche Plakatkampagne gegen EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker gestartet. Junker gehört ebenfalls der EVP an. Teile der ungarischen Partei werfen ihm vor, er wolle die EU-Länder zur Flüchtlingsaufnahme verpflichten und den nationalen Grenzschutz schwächen.

Acht der 51 EU-Mitgliedsparteien der EVP aus Belgien, Luxemburg, den Niederlanden, Schweden, Finnland und Portugal haben inzwischen angekündigt, dass sie einen Ausschluss der Fidesz-Partei fordern wollen. Damit wäre die nach der Parteisatzung nötige Schwelle von sieben Mitgliedsparteien aus fünf Ländern zum Start des Ausschlussverfahrens erreicht.

Nach AFP-Informationen aus der EVP-Führung um Parteichef Joseph Daul waren am Freitag aber noch nicht alle entsprechenden Schreiben eingegangen. Wird das Quorum erreicht, könnte schon am 20. März die politische Versammlung der EVP über den Ausschluss abstimmen. Nötig ist dafür die Mehrheit der anwesenden Vertreter. Alternativ zum Ausschluss wäre auch eine vorübergehende Aussetzung der Fidesz-Mitgliedschaft möglich.

Aus der EVP hieß es, viel hänge von der Positionierung der deutschen Unionsparteien ab, welche den größten Block in dem europäischen Parteienverbund stellen. »Viktor Orban hat mit seinen Äußerungen und seiner Plakataktion der EVP schwer geschadet«, sagte Weber dem »Spiegel«. »Deswegen erwarte ich von ihm, dass er sich dafür entschuldigt und die Aktion beendet.«

Unabhängig davon könne aber auch dann nicht zur Tagesordnung übergegangen werden, fügte Weber an. »Das hat eine neue Qualität, da reichen Appelle nicht mehr aus. Wir werden sehr bald zu konkreten Aktionen kommen.«

Drei Monate vor der Europawahl warf Weber Orban vor, sich Rechtspopulisten in Italien und Polen anzunähern. »Gerade wenn es um den Stil geht oder fundamentale Fragen der demokratischen Ordnung, gibt es einiges an Überschneidungen mit Lega-Chef Matteo Salvini und PiS-Chef Jaroslaw Kaczynski. Das ist nicht mein Weg und auch nicht der Weg der EVP.«

Als erstes EVP-Gremium befasst sich am Mittwochvormittag die Fraktion der Partei im Europaparlament mit dem Fall Orban. Am Mittwochnachmittag tagt dann der EVP-Parteivorstand. AFP/nd

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