Weitere Justizbeamte nach Veröffentlichung von Haftbefehl suspendiert

Ministerium: Verdacht auf ungerechtfertigte Handgreiflichkeiten gegenüber migrantischen Gefangenen

  • Lesedauer: 2 Min.

Dresden. Wegen der Veröffentlichung eines Haftbefehls im Zusammenhang mit dem Tötungsdelikt an Daniel H. in Chemnitz sind in Sachsen vier weitere Justizvollzugsbeamte suspendiert worden. Den Bediensteten der Justizvollzugsanstalt Dresden sei »mit sofortiger Wirkung die Führung der Dienstgeschäfte verboten« worden, teilte das sächsischen Justizministerium am Mittwochabend mit. Insgesamt sind damit wegen des Vorfalls sechs Beamte vom Dienst suspendiert.

Nach dem Tötungsdelikt an Daniel H. im August vergangenen Jahres hatte die rechte Organisation Pro Chemnitz den Haftbefehl gegen einen der Beschuldigten ins Netz gestellt. Das Dokument tauchte dann Medienberichten zufolge teilweise geschwärzt auch auf anderen Portalen auf und wurde unter anderem von Pegida-Mitbegründer Lutz Bachmann veröffentlicht.

In dem Papier wurden demnach die Namen des Opfers, der Richterin und Einzelheiten zu Tatverdächtigen genannt. Zudem werde beschrieben, wie oft auf das Opfer eingestochen worden war. Der Eintrag wurde später wieder gelöscht. Wenig später wurde ein Dresdner Justizbeamter vom Dienst suspendiert, der selbst angab, eine Kopie des Haftbefehls weitergegeben zu haben.

Zu den neuen Suspendierungen teilte das Justizministerium mit, laufende disziplinarrechtliche und staatsanwaltschaftliche Ermittlungen hätten den »Verdacht darauf ergeben, dass diese Bediensteten gegenüber ausländischen Gefangenen in ungerechtfertigter Weise handgreiflich geworden sein könnten«. Es handle sich um einen »aufzuklärenden Anfangsverdacht«.

Wegen des Tötungsdelikts an H. steht seit Mitte März der Syrer Alaa S. vor Gericht. Die Anklage wirft ihm vor, H. gemeinsam mit einem flüchtigen Tatverdächtigen aus Irak erstochen zu haben. Die Beweislage scheint allerdings dünn. Die Gewalttat hatte in Chemnitz eine Reihe ausländerfeindlichen Aufmärschen und teils gewaltsame Ausschreitungen von Rechtsradikalen ausgelöst. AFP/nd

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal