- Kommentare
- Polizeigewalt
Polizei außer Kontrolle
Marie Frank kritisiert die Räumung von Bizim Bakkal
Es ist eine gefährliche Entwicklung, die sich in jüngster Zeit bei der Polizei abspielt. Immer häufiger agiert diese nämlich nicht nur als ausführende Gewalt, sondern handelt selbst als politischer Akteur. Auch an diesem Wochenende war bei der Räumung eines besetzten Ladenlokals in Berlin-Kreuzberg wieder zu beobachten, wie schwer bewaffnete Einsatzkräfte eigenmächtig ihre eigenen Regeln aufgestellt und direkt umgesetzt haben.
Schlimm genug, dass es überhaupt die Berliner Linie gibt, nach der besetzte Häuser binnen 24 Stunden geräumt werden sollen. In Zeiten von Wohnraummangel bei gleichzeitigem spekulativem Leerstand ist das für immer größere Teile der Bevölkerung nicht mehr nachzuvollziehen. Doch noch schlimmer scheint die neue Berliner Linie der Polizei zu sein: Musste bislang wenigstens noch ein Strafantrag des Eigentümers samt Räumungstitel eingeholt werden, so erklären die Einsatzkräfte Besetzungen nun einfach zum schweren Hausfriedensbruch, und schon müssen sie sich nicht mehr mit juristischen Hindernissen herumschlagen.
Der Einsatz am vergangenen Wochenende ist daher in zweierlei Hinsicht problematisch: Zum einen untergräbt die Polizei durch ihr Verhalten zunehmend die Gewaltenteilung, die nicht ohne Grund ein tragendes Funktionsprinzip eines demokratischen Rechtsstaates ist. Dass die Macht der Berliner Polizei eher beschnitten als ausgebaut gehört, hat sie durch ihr brutales Vorgehen gegen eine friedliche Besetzung durch drei (!) Aktivist*innen am Rande einer Großdemonstration mit 40 000 Menschen eindrucksvoll bewiesen. Sollte sich diese Entwicklung fortsetzen und die Polizei künftig alleine entscheiden können, sieht es düster aus für Demokratie und Menschenrechte.
Wir stehen zum Verkauf. Aber nur an unsere Leser*innen.
Die »nd.Genossenschaft« gehört denen, die sie lesen und schreiben. Sie sichern mit ihrem Beitrag, dass unser Journalismus für alle zugänglich bleibt – ganz ohne Medienkonzern, Milliardär oder Paywall.
Dank Ihrer Unterstützung können wir:
→ unabhängig und kritisch berichten
→ übersehene Themen in den Fokus rücken
→ marginalisierten Stimmen eine Plattform geben
→ Falschinformationen etwas entgegensetzen
→ linke Debatten anstoßen und weiterentwickeln
Mit »Freiwillig zahlen« oder einem Genossenschaftsanteil machen Sie den Unterschied. Sie helfen, diese Zeitung am Leben zu halten. Damit nd.bleibt.