Als ob sie Schweiß alter Männer geil fänden

Asiatinnen demonstrieren am Samstag gegen das sexistische und rassistische Werbevideo einer Baumarktkette

  • Lotte Laloire
  • Lesedauer: 3 Min.

»Hornbach sagt sorry«, heißt es in einem Werbespot der Kette. Und zwar an Fahrradfahrer, die von einem Auto aufgehalten werden, das voll beladen mit Einkäufen aus dem Baumarkt vor ihnen herkriecht.

»Sorry« sagt das Unternehmen nicht zu den asiatischen Frauen, die es mit seinem Werbevideo »So riecht das Frühjahr« rassistisch und sexistisch beleidigt hat. So sehen das jedenfalls die »MeToo-Koreanerinnen« und rufen deshalb für Samstag um 12 Uhr zum Protest auf dem Berliner Oranienplatz auf. »Sie haben sich noch immer nicht richtig entschuldigt, sie haben nur erklärt, warum sie die Werbung gemacht haben«, meint Eojin Son, von den #MeToo-Koreanerinnen. Sie ist eine der 30 Organisatorinnen, die sich als taiwanesisch-deutsche, japanische und südkoreanische Frauen zwischen 20 und 60 Jahren bezeichnen.

Das Werbevideo, das seit Wochen für Aufregung sorgt, geht so: Weiße alte Männer schwitzen bei der Gartenarbeit. Ihre Dreckwäsche inklusive Unterhosen wird danach luftdicht verpackt und an einen asiatisch wirkenden Ort verschickt, die Gründe dafür erfährt man in dem 46-sekündigen Video nicht. An dessen Ende reißt eine ostasiatisch aussehende Frau die Tüten mit der Wäsche gierig auf und schnüffelt so daran, als ob sie den Schweißgeruch der alten Männer geil fände.

»Diese Werbung ist sexistisch und rassistisch, wir sind wütend und beleidigt«, sagt Son. Hätte Hornbach die Entschuldigung in seiner Mitteilung von Anfang April ernst gemeint, hätte die Firma den Werbespot in allen Ländern und nicht nur in Deutschland gelöscht, meint sie.

Florian Preuß, Sprecher des Unternehmens, teilte »nd« mit, man habe in Reaktion eine eigene »Haltungsseite« eingerichtet, auf der man »Stellung gegen jede Form der Diskriminierung« beziehe. Der Spot sei nicht mehr »werblich«, sondern nur noch aus Gründen der »Transparenz« im Internet. Zudem habe man mit einigen Betroffenen einen Dialog in Bornheim abgehalten. »Zum Hauptsitz der Firma irgendwo auf dem Land zu fahren, haben wir natürlich abgelehnt«, sagt Son »nd«. Ihnen sei klar gewesen, was die Firma damit erreichen wolle. »Aber wir sind nicht deren asiatische Essens-Lieferantinnen oder Sex-Service«, ärgert sich Son über den Versuch des Unternehmens, ihre Kritik durch eine Einladung abzuschwächen.

Stattdessen demonstrierten nach Angaben der »MeToo-Koreanerinnen« in den letzten Wochen insgesamt 21 Frauen 15 Stunden vor Filialen des Baumarkts, etwa in Berlin-Neukölln, und wiesen Vorbeilaufende auf die Diskriminierung hin. Online läuft die Kritik unter dem Schlagwort »Ich_wurde_geHORNBACHt«. »Die Demo am Samstag ist unsere letzte Warnung«, sagt Son, die zugleich Vorstandsmitglied der Koreanischen Grünen Partei in Europa ist.

Dass die Frauen es ernst meinen, bestätigt die politische Reichweite, für die Son und ihre Mitstreiter*innen sorgen: Der Deutsche Werberat beanstandete den Spot Mitte April, anders als sein österreichisches Pendant. Knapp 40.000 Menschen unterzeichneten eine Petition mit dem Titel »Wir stehen gegen das rassistische und frauenverachtende Unternehmen HORNBACH«. Ein Gesandter der Koreanischen Botschaft, Kwon Sehoon, hat Hornbach ebenfalls zur Entschuldigung aufgefordert und nach einer unzureichenden Antwort einen zweiten Brief geschickt.

Diesen Mittwoch teilte die Zeitschrift »Migazin« einen offenen Brief Rassismus-Betroffener. Sie verlangen, dass Hornbach die Werbung endlich überall löscht, und fordern Antworten auf elf kritische Fragen. Die Unterzeichner*innen sind sich mit den Organisatorinnen der Demonstration einig: Die Mitteilung von Hornbach von Anfang April, in dem das Unternehmen sich entschuldigt hatte, sei schlicht »zynisch«.

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