Trump und seine Brexit-Freunde

Ein EU-Ausstieg ohne Deal würde den USA in die Hände spielen.

  • Aert van Riel
  • Lesedauer: 3 Min.

Dass der US-Präsident kaum eine Peinlichkeit auslassen würde, war schon vor seinem Besuch in Großbritannien Anfang dieser Woche klar. Die großen Londoner Proteste gegen ihn am Dienstag bezeichnete Donald Trump als »Fake News«. Und den Bürgermeister der britischen Hauptstadt, Sadiq Khan, beschimpfte Trump als »eiskalten Loser«. Das war eine Retourkutsche, weil Khan erklärt hatte, dass der US-Präsident »eines der ungeheuerlichsten Beispiele einer wachsenden globalen Bedrohung« vom rechten Lager für die liberale Demokratie sei.

Doch hinter dem Staatsbesuch steckte mehr als verbale Ausfälle und Show. Trump und seine Regierung haben ein großes Interesse daran, dass der Brexit bis zum 31. Oktober über die Bühne geht - ohne Deal mit der EU. Das von Premierministerin Theresa May mit Brüssel ausgehandelte Austrittsabkommen war bisher vom britischen Unterhaus abgelehnt worden. Deswegen tritt May von ihren Ämtern zurück. Am Freitag hat sie den Vorsitz der konservativen Tories abgegeben. Nach mehreren Abstimmungsrunden in der Fraktion wird die Parteibasis dann zwischen zwei verbliebenen Kandidaten für die Nachfolge von May entscheiden. Weil in Großbritannien der Chef der Partei mit den meisten Sitzen im Unterhaus mit der Regierungsbildung beauftragt wird, dürfte der neue Tory-Chef auch Premierminister werden. Neuwahlen sind nicht im Interesse der Tories, die bei der EU-Wahl nur 8,8 Prozent der Stimmen erhalten hatten.

Trump nutzte seinen Besuch auch, um Kontakte zu den möglichen Nachfolgern von May zu knüpfen. Einer seiner persönlichen Favoriten für den Posten ist der frühere Außenminister Boris Johnson. Der Brexit-Hardliner würde im Zweifel auch ohne Deal den EU-Austritt der Briten vorantreiben. Johnson pöbelt zuweilen ähnlich wie Trump und warf der EU einmal vor, sie strebe einen europäischen Superstaat wie Adolf Hitler an. Johnson und Trump haben in London telefoniert. Zudem traf sich Trump mit dem Chef der Brexit-Partei, Nigel Farage. Der US-Amerikaner soll auch Gespräche mit Umweltminister Michael Gove und Außenminister Jeremy Hunt vereinbart haben, die ebenfalls die Nachfolge von May anstreben.

Beim offiziellen Teil seines Besuchs stellte Trump ein großes Freihandelsabkommen mit den Briten nach dem Brexit in Aussicht. Der gemeinsame Handel könne auf das Zwei- oder Dreifache des jetzigen Umfangs ausgeweitet werden, sagte er. Ein Verbleib der Briten in der Zollunion wäre für die Washingtoner Pläne hinderlich. Zudem ist fraglich, ob sich die Briten überhaupt auf einen Vertrag mit den USA einlassen würden. Denn Trump schwebt offensichtlich ein Abkommen vor, das allein für US-Firmen Vorteile bringen würde und neue Absatzmärkte schafft. Trump ist kein Freund des globalen Freihandels, wenn er Wirtschaftsinteressen der USA gefährdet sieht. Vielmehr befindet er sich unter anderem mit der EU und China in einem ständigen Streit über die Handelspolitik.

Trump hat auch die geostrategische Bedeutung des angestrebten Austritts der Briten aus der EU im Hinterkopf. Der US-Präsident ist nicht begeistert von den Verhandlungen der Mitgliedstaaten über eine engere militärische Zusammenarbeit. In Washington gibt es Befürchtungen, dass der Aufbau einer gemeinsamen »europäischen Armee« zur Konkurrenz für die NATO wird. Die USA wollen in dem nordatlantischen Militärbündnis weiterhin den Ton angeben. Staaten wie Deutschland und Frankreich sollen sich unterordnen.

Trump weiß in der Außenpolitik die Briten auf seiner Seite. Diese lehnen eine EU-Armee ebenfalls ab und haben stattdessen immer wieder die Bedeutung der NATO gepriesen. Sollte das Vereinigte Königreich nicht mehr Mitglied der EU sein, könnte es auch einer strategischen Zusammenarbeit ablehnend gegenüberstehen. Das wäre eine Schwächung für die EU, die Trump gefallen würde. Denn Großbritannien ist die führende Militärmacht Europas.

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